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Dreisam: Fluss oder Kanal?





Dreisam: Fluss oder Kanal?

Da wir uns mehr auf Autobahnen statt an Flüssen aufhalten, glauben zwischenzeitlich viele Menschen ein Fluss müsste wie eine Autobahn aussehen.


Die Dreisam nimmt ihren Anfang im Dreisamtal
im badischen Südschwarzwald nahe der Brücke der Landesstraße 127 von Kirchzarten nach Stegen als Zusammenfluss von Rotbach und Wagensteigbach. Sie ist ein etwa 29 km langer Zufluss der Elz. Nur auf kurzen Teilstrecken recht naturnah, bekommt sie schon bald einen ausgeprägten "Kanalcharakter".

Nach dem Zusammenfluss von Rotbach und Wagensteigbach
unterhalb des vom Rotbach durchflossenen Höllentals und des Wagensteigtals fließt die Dreisam im Breisgau kanalisiert nach Westen und nimmt unter anderem das Wasser von Krummbach und Brugga aus Süden und des Eschbachs aus Norden auf. Am Dreisamstadion vorbei erreicht der Fluss die Stadt Freiburg und verlässt den Schwarzwald in Richtung Westen fließend. Im Osten der Stadt wird am „Sandfang“ Wasser für den „Gewerbekanal“ und die Freiburger Bächle abgezweigt. Dieses Wasser teilt sich in der Altstadt in einen „Nordarm“ und einen „Südarm“. Der Großteil des Südarm mündet unmittelbar westlich der „Höllentalbahnbrücke“ im Stadtteil Stühlinger wieder in die Dreisam; das restliche Wasser durchfließt in Richtung Westen die Bereiche Eschholz und Bischofslinde und fließt bei Lehen ebenfalls in die Dreisam zurück. Der Nordarm fließt (oft unterirdisch) durch die nordwestliche Altstadt in Richtung der Stadtteile Beurbarung und Brühl und mündet westlich von Gundelfingen in den Schobbach, der wiederum bei Nimburg-Bottingen in die Glotter mündet. Somit mündet dieses Freiburger Bächlewasser erst kurz vor Riegel wieder in die Dreisam. Die Dreisam selbst fließt im Freiburger Stadtgebiet in nordwestlicher Richtung weiter verlaufend entlang der B 31. Nach Unterqueren der A 5 fließt sie über March dem Ostrand des Kaiserstuhls sowie dem Westrand des Nimbergs entgegen nach Riegel, wo sie in die Elz mündet.

Gleich unterhalb der Einmündung in die Elz
zweigt der etwa 15 km lange Leopoldskanal ab. Über diesen Kanal wird bei Hochwasser das Wasser der Dreisam dem Rhein zugeführt. Der Kanal endet nordwestlich von Rheinhausen, südwestlich von Rust und westlich des Naturschutzgebiets Taubergießen. In früheren Jahrhunderten floss unterhalb von Riegel die die nicht ausgebaute Elz bei Hochwasser breitflächig und weit mäandernd dem Rhein zu. Heute gabelt sich die Elz unter der zweiten Riegler Brücke wieder auf: Ein kleiner Teil der Wassermenge fließt, gesteuert durch ein Wehr, über die Alte Elz durch den Europa-Park zur Mündung in den Rhein bei Allmannsweier. Die Restwassermenge und Hochwässer werden durch den Leopoldskanal nordwestlich von Rheinhausen in den Rhein geleitet.

Die in Riegel abzweigende Alte Elz
teilt sich in Rust in die Gewässer Blinde Elz und Alte Elz auf. Die Blinde Elz wird mit dem Wasser aus dem Altrhein zum Taubergießen. Unterhalb der Ortschaft Kappel vereinigen sich Alte Elz und Taubergießen wieder und fließt nach wenigen Kilometern in den durchgehenden Altrheinzug, der das bei Breisach entnommene Rheinwasser bis Kehl-Goldscheuer leitet.

Die Wasserqualität der Dreisam
hat sich in den letzten Jahrzehnten stark verbessert. Hier zeigen sich die Erfolge der Umweltbewegung und die positiven Folgen jahrzehntelanger Konflikte für Wasserreinhaltung und Kläranlagen. Nachdem sich die Wasserqualität der Dreisam stark verbessert hat, muss es jetzt darum gehen, aus der naturfernen, begradigten Dreisam wieder ein einigermaßen natürliches Gewässer zu machen. Mit Ausgleichsgeldern der Bahn werden erste Projekte zur Renaturierung begonnen, bei denen sich eines zeigt: Es ist wesentlich einfacher, einen Fluss zu denaturieren, zu begradigen und zu zerstören, als diesen Prozess wieder umzukehren. Hier hat die Umweltbewegung noch viel zu tun.

Wegen der sehr steilen Topographie
und klimatisch orographisch bedingten hohen Niederschlägen ist das Dreisam-Einzugsgebiet als sehr hochwassergefährdet einzuschätzen. Vom Feldberg bis zum Pegel Ebnet beträgt die durchschnittliche Hangneigung 21° bzw. 43 % Gefälle. Die runde Form verleiht dem Gebiet einen sehr hohen Formfaktor (0,7) und ein hohes Kreisförmigkeitsverhältnis (0,55), was eine zeitliche Abflusskonzentration zur Folge hat und somit schnell zu Hochwassern führen kann. Der überwiegend aus Festgestein bestehende Aquifer hat geringe Wasserspeicherleistung und zwingt das Wasser vor allem bei hohen Niederschlägen zu raschem Abfluss. Das Abflussmaximum findet aufgrund von Schneeschmelze gekoppelt mit Frühjahrsniederschlägen im April statt. Im Sommer sind die höchsten Niederschläge (hoher Wasserumsatz) zu erwarten, führen jedoch wegen gleichzeitigem höherem Wasserumsatz der Vegetation nur zu sekundären Abflussmaxima.

Das bedeutendste bekannte Hochwasser an der Dreisam,
bei dem mehrere Brücken zerstört wurden und zwei Menschen ums Leben kamen, ereignete sich im März 1896. Weil die Dreisam heute ab Freiburg begradigt und auf beiden Seiten durch Hochwasser-Dämme gesichert ist, laufen die Hochwasser in der Regel ohne größere Schäden ab. Die Schäden wurden flussabwärts verlagert. Bei einem Hochwasser am 23. Dezember 1991 entstanden allerdings im Osten Freiburgs Schäden durch Überflutung.

Das Einzugsgebiet der Dreisam

umfasst bis Riegel eine Fläche von 568 km² und zählt somit zu den Einzugsgebieten mittlerer Größenordnung in Deutschland. Es besitzt ein weitverzweigtes dendritisches Entwässerungssystem und kann als komplexes Abflussregime ersten Grades charakterisiert werden, das durch zwei größere Abflussmengen gekennzeichnet ist. Dabei wird eine maximale Abflussmenge im Frühjahr (Schneeschmelze) und ein zweites, geringeres Maximum im Sommer oder Herbst zum Zeitpunkt der höchsten Niederschlagsmengen gemessen. Zu den Zuflüssen der Dreisam gehören außer den Quellflüssen Rotbach und Wagensteigbach (flussabwärts betrachtet): Krummbach (im Oberlauf Zastler Bach genannt), Brugga, Eschbach und Glotter.

Dreisam & Lachs?
Die Dreisam war in früheren Jahrhunderten ein wichtiges Lachsgewässer in dem der Lachs aus der Nordsee kommend aufstieg und ablaichte. Die schlechter werdende Wasserqualität und Wehre schränkte den Lachsaufstieg dann ein. Im Jahr 1958 gab es den letzten historischen Lachsnachweis aus dem Elz-Dreisam-System. Noch im Winterhalbjahr 1955/56 wurden aus diesem Gebiet fast 50 gefangene Lachse gemeldet. Neben dem Lachs traten im Elz-Dreisam-System nach heutiger Kenntnis insgesamt 34 weitere Fisch- und Neunaugenarten auf. In den historischen Quellen werden auch weitere Wanderfische wie Meerforelle, Maifisch, Fluss- und Meerneunauge genannt. Auch in der Dreisam wurden in den letzten Jahren Junglachse eingesetzt. Das ist ein erster Schritt zur Wiederansiedelung des Atlantischen Lachses. Da die Flüsse durch den Druck der Umweltbewegung wieder sauberer sind und manche Flusshindernisse weggeräumt wurden, gab´s im Jahr 2005 den ersten Lachslaichfund in der Kinzig und im Jahr 2006 hat nach über 100 Jahren der erste Lachs auch wieder in der Murg gelaicht. Dies waren allerdings mutige "Schleusentaucher" denn die französische EDF hat unglaublicherweise immer noch nicht alle Rheinkraftwerke mit Fischtreppen versehen. Hier versucht der BUND gemeinsam mit französischen Initiativen den Druck zu erhöhen. Wer den Lachs in der Dreisam wieder willkommen heißen will muss sich für die Wasserqualität und vor allem für die Renaturierung und Dammrückverlegung einsetzen.

[artikel=IMPORT: Umzug]

Elz, Dreisam, Glotter, Kinzig, Rench, Kinzig, Schutter...
verbinden Schwarzwald und Rhein. Bäche und Flüsse sind immer auch ein Stück Heimat.


Doch in der Vergangenheit
wurden die meisten Mittel- und Unterläufe der Bäche und Flüsse am Oberrhein zu geradegestreckten, kanalisierten, trostlosen, naturfernen Kanälen umgebaut. Erstaunlich viele Menschen halten solche Kanäle immer noch für "Natur". Die großen ökologischen Kämpfe und Konflikte um saubere Gewässer waren ein wichtiger Erfolg für den BUND und die Umweltbewegung. Seit Jahrzehnten forert BUND-Geschäftsführer Axel Mayer, dass die landschaftsprägenden Gewässer unserer Heimat in Südbaden durch geeignete Maßnahmen, insbesondere durch Dammrückverlegungen, ökologisch aufgewertet, renaturiert und zu grünen Bändern werden, die Rheinauen und Schwarzwald natürlich verbinden. Ein naturnaher Bach mit Badestellen und Naturreservaten ist immer auch ein großes Stück Lebensqualität.

Renaturierung und Dammrückverlegung
nutzen nicht nur der Natur und dem Lachs, sondern auch dem Menschen. Die Kanalisierung der Bäche und Flüsse im Schwarzwald verschärft rheinabwärts die Hochwassersituation. Durch eine beschleunigte Renaturierung der Rheinzuflüsse, auch im Rahmen des wichtigen IRP (Integriertes Rheinprogramm), könnten zusätzliche Möglichkeiten zur Hochwasserrückhaltung geschaffen werden. Doch Hochwasserschutz ist Menschenschutz und darf nicht nur am Rhein betrieben werden.

Überall wo Wehre die Bäche versperren,
müssen diese wieder durchlässig für Fische und Kleinlebewesen gemacht werden. Hier muss es zu Kompromissen zwischen Naturschutz, Tierschutz und sauberer Energiegewinnung kommen. Fortschritte sind durchaus erkennbar. Auch hier ist der Fortschritt immer kritisch zu überprüfen. Raue Rampen machen die Bäche durchlässiger. Gleichzeitig waren die tiefen, wasser- und sauerstoffreichen Gumpen unterhalb der alten Wehre gerade in sommerlichen Trockenphasen ideale Rückzugsgebiete für viele Fische.

Grüne Bänder,
das heißt breite, naturnahe Korridore an Elz, Dreisam, Glotter, Kinzig, Rench, Kinzig und Schutter, teilweise mit Auecharakter, zwischen Schwarzwald und Rheinaue sollten als Ziel angestrebt werden, gerade um der zunehmenden Landschaftszerschneidung durch neue Verkehrsprojekte am Oberrhein (Bahnausbau) entgegenzuwirken. Dort wo an wenigen Stellen renaturiert wird, erleben wir manchmal extrem teure und teilweise unnötige Ingenieurbiologie und nicht die notwendigen und kostengünstigen Dammrückverlegungen, die politisch schwerer durchsetzbar sind. Wenn es um Flächen geht mauert die Landwirtschaft, die den Oberrhein gerade in eine Maissteppe verwandelt.

Nicht teure Ingenieurbiologie,
sondern große zusammenhängende Flächen in Bachnähe werden gebraucht. Dazu gehört auch die Wiedervernässung von Wiesen in Flussnähe als Maßnahme für einen wirklichen Biotopverbund. Es sollte geprüft werden, wie mit dem geringsten finanziellen Aufwand der größtmögliche Effekt für Mensch, Natur, Hochwasserschutz, Umwelt und auch für den Lachs erzielt werden könnte.


Seit einigen Jahren wird der alte Traum des BUND an ersten Stellen zur Realität.
Wenn jetzt an Elz, Dreisam, Glotter, Kinzig, Rench, Kinzig, Schutter wieder Dämme zurückverlegt werden, wenn aus den "Bach-Autobahnen" auf ersten Teilstücken wieder mäandernder Bäche mit Kiesbänken und Auen werden, wenn der Lachs zurückkehren kann, dann hat das auch damit zu tun, dass aus dem Traum auch eine ständig wiederholte BUND-Forderung an die politisch Verantwortlichen wurde. Die neuen Natur-Flächen sind schön und wertvoll und dennoch immer auch erkennbar "Reparatur" und wir wissen, dass gerade jetzt mit europäischen Geldern in Südosteuropa die letzten frei fließenden Flusssysteme zerstört und die alten Fehler der Vergangenheit wiederholt werden. So ist das Glas halb voll und halb leer, aber ohne den Druck des BUND und der Umweltbewegung wäre es ganz leer...
Die Natur aus zweiter Hand an Elz, Dreisam, Kinzig und Glotter wird sich entwickeln. Kommende Hochwasser werden sie mehr verändern als manche Planer heute planen und wir warten auf Lachs und Flussregenpfeifer.

Axel Mayer, BUND Geschäftsführer

Elz, Dreisam, Glotter, Kinzig, Wiese, Rhein... Kanalisierte Bäche und Flüsse und kein Hochwasserschutz rheinabwärts







Elz (Dreisam...)
gradgschdregdi
kanalisierdi
izwängdi
zwische de Damme
draimsch vu
Kehre
Welle
Insle

Elz
gradgschdregdi
kanalisierdi
izwängdi
zwische de Damme
draimsch vu
Lachs
Forelle
Biber
vum Rhie vum Meer

was solle mer mache
wenn dini Kraft nimi langd
wenn kei gross Wasser
meh kunnd
wenn under
dinem pflaschderde Ufer
kei Schdrand meh liegd
wenn unseri eigene Draim
gradgschdregd
kanalisierd
izwängd
zwische de Damme liege

Axel Mayer

Der Text könnte natürlich auch Rhein, Glotter, Kinzig oder Dreisam heissen...






Linkliste:
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Wo sind die vielen NaturschützerInnen & BiologInnen
in den wichtigen, aktuellen Naturschutzkonflikten am Oberrhein? Es gibt am Oberrhein eine Vielzahl von Menschen mit einem großen Wissen und Sachverstand in Sachen Natur und Umwelt. Doch in den großen Konflikten um unsere bedrohte Restnatur, sei es beim IRP, beim Schmetterlingssterben, bei den Themen Flächenverbrauch und Zersiedelung halten sie sich meist "vornehm" und schüchtern zurück und überlassen die öffentliche Debatte & Leserbriefe den gut organisierten Lobbyisten und dem Stammtisch. Manche Spezialisten sehen auch nur ihr "Lieblingsbiotop" und vergessen darüber den großen Zusammenhang. Nur gemeinsam können wir wir die aktuellen Zerstörungsprozesse bremsen!
Axel Mayer, BUND-Geschäftsführer
















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Dieser Artikel wurde 12586 mal gelesen und am 12.1.2022 zuletzt geändert.