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Kaiseraugst - Benken - Würenlingen / Akzeptanzforschung und atomare Endlagerpläne

29.03.2000
Akzeptanzforschung und atomare Endlagerpläne in der Schweiz

Nach den Feiern zum fünfundzwanzigjährigen Jubiläum der Bauplatzbesetzung in Wyhl steht jetzt am 1.4.2000 im schweizerischen Kaiseraugst ein weiteres Fest an. Die Bürgerinitiativen und Umweltgruppen am Hochrhein feiern ab 14.oo Uhr auf dem ehemaligen AKW Gelände in Kaiseraugst ein Fest und erinnern an die Besetzung und Verhinderung des AKW`s vor 25 Jahren.

25 Jahre Rückblick auf die Ereignisse in Wyhl, Kaiseraugst und (dem längst vergessenen) elsässischen Gerstheim sind kein Grund für Nostalgie. Südbaden ist zwar atomanlagenfrei, nachdem vor Jahren der Uranabbau in Menzenschwand eingestellt wurde, aber das altersschwache AKW Fessenheim stellt eine täglich größer werdende Bedrohung dar.

Und relativ unbemerkt von der Aufmerksamkeit der Medien und der Öffentlichkeit in Baden-Württemberg entsteht zur Zeit im Grenzgebiet der Schweiz ein neues, großes, atomares Gefahrenpotential.

Es ist ein erstaunliches Phänomen. Über die atomaren End- und Zwischenlagerpläne im weit entfernten Gorleben berichten die Medien intensiv. Ortsnamen wie Würenlingen und Benken aber sind in Baden-Württemberg fast unbekannt, obwohl dort ähnlich brisante Atomprojekte geplant oder schon realisiert sind wie Gorleben am anderen Ende der Republik.

Zur Situation in der Schweiz :

Vier der fünf Schweizer AKW's stehen in der Grenzregion am Hochrhein. In Würenlingen bei Waldshut arbeitet seit Jahrzehnten das größte Atomforschungszentrum der Schweiz, das jetzt durch ein atomares Zwischenlager für hochradioaktiven Müll ergänzt wurde (Castorhalle wie in Gorleben). Dazu kommt in Würenlingen ein neuer Verbrennungsofen für radioaktiven Müll. Zusätzlich sucht die Nationale Genossenschaft zur Lagerung radioaktiver Abfälle, NAGRA, nach einem Endlager für hochradioaktiven Müll im Grenzgebiet zwischen Bodensee und Basel.

Still und weitgehend unbeobachtet von der bundesdeutschen Öffentlichkeit werden diese Pläne realisiert. Informationen über die umstrittenen Planungen und den konkreten Widerstand in der Schweiz, über Aktionen von UmweltschützerInnen, kritische Volksabstimmungen und gelegentliche Grenzblockaden von BUND, Bürgerinitiativen und Schweizer Umweltgruppen dringen selten über die Lokalausgaben der Medien am Hochrhein hinaus.

Und damit sind wir wieder bei den "Jubiläen" in Wyhl und Kaiseraugst. Eine wichtige Lehre der Betreiber aus den damaligen Niederlagen war u.a. die Weiterentwicklung eines Forschungs-zweiges, der vor 25 Jahren noch in den Kinderschuhen steckte, der Akzeptanzforschung. Das Batelle Institut untersuchte und analysierte den Wyhler Widerstand, und das Badenwerk gab der Werbeagentur Drews den Auftrag, Strategien zur Akzeptanzbeschaffung zu entwickeln.

Wenn heute CDU und FDP mit dem vorgeschobenen Klimaargument für AKW's werben, dann erinnert das stark an eine, damals von den Akzeptanzforschern vorgeschlagene, Taktik, über die der Spiegel 1978 informierte:

Zitat: "Negativtaktik. Dramatisierung aller Probleme die durch den Nichtbau von KKW's entstehen. Die Ängste der Gegenwart durch Ängste der Zukunft überdecken."

Die Hauptlehre aus Wyhl und Kaiseraugst aber war die Atomisierung von Entscheidungsprozessen. Immer wenn große, wichtige Entscheidungen anstanden, haben Umweltschützer und Medien den Fuß in die Tür bekommen. Die NAGRA hat das Prinzip der Salamietaktik perfektioniert. Seit der Gründung 1972 bereitet sie die Errichtung des atomaren Endlagers vor. Und seit 1972 werden Entscheidungsschritte in viele kleine Zwischenschritte aufgelöst. Ein großer Fehler von Wyhl und Kaiseraugst war auch die Konzentration auf einen einzigen Standort. Auch die Zeit der taktisch unklugen, politischen Hardliner ist vorbei. Filbinger war für die Badisch-Elsässischen Bürgerinitiativen ein Traumgegener. Eine harte Konfrontation ala Filbinger und Wyhl ist das Schlimmste, was den Betreibern heute passieren kann. Und so erleben wir wie eine, sich selbst erhaltende, Institution wie die NAGRA nach dem Scheitern der Bohrungen und Endlagerpläne im Granit, einen nachweislich immer ungeeigneteren Untergrund der Schweiz als ideale Endlagerstätte politisch verkauft. Aus dem ursprünglich geplanten Endlager im Granit wurde über Nacht die Granit-Sedimentoption. Bei der NAGRA bestimmt das Gestein das Bewußtsein. Es wäre schlimm, wenn die Angst vor Arbeitsplatzverlust bei den NAGRA MitarbeiterInnen dazu führen würde, daß ein ungeeignetes atomares Endlager entsteht. Aber Institutionen neigen stets dazu sich selbst zu erhalten.

Und Geld spielt leider auch eine große Rolle. Was konnte der Bürgermeister von Neckarwest-heim mit dem vielen Geld aus dem AKW alles anfangen... Und im Entscheidungsprozeß für das atomare Zwischenlager in Würenlingen hat das viele Geld, das in die Gemeinde floß, eine nicht unerhebliche Rolle gespielt. Hierdurch hat bei vielen Umweltschützern das positive Bild von der direkten Demokratie in der Schweiz stark gelitten.

Ungeliebt war, insbesondere im strukturkonservativen Aargau, auch stets die Kritik von außen, insbesondere wenn sie aus dem "Großen Kanton" kam. Globalisierung heißt in allen Ländern offene Türen für Geld und Investoren. Kritik aber sollte, im Gegensatz zur Radioaktivität, an den nationalen Grenzen halt machen. Grenzüberschreitende Beteiligung ist unbedingt nötig.

25 Jahre Wyhl, Kaiseraugst und Gerstheim sind Grund genug zu feiern und zurückzuschauen. Der BUND gratuliert auch den Initiativen am Hochrhein zum Erfolg. Viel zu häufig aber steckt die Umweltbewegung mit dem Kopf noch in den "guten alten" Auseinandersetzungen der Vergangenheit und hat die Lehren, welche die Betreiberseite aus den damaligen Vorgängen gezogen hat (Greenwash, Akzeptanzforschung, neue Durchsetzungsstrategien ...) noch nicht realisiert. So aber besteht die Gefahr, daß die NAGRA ihre ursprünglich formulierten Anforderungen an ein atomares Endlager mehr und mehr aufweicht und an die ungeeigneten geologischen Gegebenheiten der Schweiz anpaßt.

Die Zusammenarbeit der UmweltschützerInnen und Umweltorganisationen über die nationalen Grenzen hinweg ist nötiger denn je. Umweltgefährdende Anlagen und Planungen in Europas Grenzregionen setzten stets die Beteiligung der Nachbarn voraus. Mehr als die Illusion von Beteiligung hat es bei den Schweizer Atommüllplanungen für die badischen Nachbarn nie gegeben.

Axel Mayer, BUND Geschäftsführer, Mitbesetzer in Kaiseraugst
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15.8.2007
Liebe Leute in den BUND Atomverteilern,

Erschrocken fasziniert schaue ich aus dem großen Kanton immer wieder auf die perfekte Atompropaganda in der Vorbilddemokratie Schweiz.hier: Info
Es gibt einige Indizien, die darauf hinweisen, dass einige Wikipedia Atom- und insbesondere KKW - Seiten , von der schweizer Atomlobby massiv manipuliert werden. Gerade die offenen Wikipedia Strukturen sind besonders gefährdet.
hier: Info

Der Störfall im Sommer 2007 in Würenlingen mit Einleitung von radioaktivem Tritium in Aare und Rhein ist ein gutes Beispiel, wie medial perfekt in der Schweiz Störfälle und radioaktive Einleitungen heruntergespielt werden.

Die Wikipedia Seiten zur ZWILAG in Würenlingen und zum PSI strotzen vor manipulierter Einseitigkeit. Die links zu unserer kritischen BUND Seite
werden wegen des des Vorwurfs der "pol.Agitation" vermutlich von den Werbeabteilungen der Atomindustrie immer wieder gelöscht...

Ich verstehe nicht, warum wir/IHR nicht stärker um Wikipedia kämpfen und diese Seiten so kampflos der Atommafia überlassen.
Gruss
Axel Mayer
Atommüll Info Schweiz




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Dieser Artikel wurde 3620 mal gelesen und am 2.12.2018 zuletzt geändert.