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Frank Baum erhielt am 4.1.2018 den Gerhard-Thielcke-Naturschutzpreis

09.01.2018

(Auf dem Foto aus dem Wyhler Wald sehen Sie Frank Baum im hellen Hemd rechts vom rechten Pfosten...)

Frank Baum erhielt am 4.1.2018 den Gerhard-Thielcke-Naturschutzpreis


Die Laudatio hielt die Vorsitzende des BUND Landesverbandes Baden-Württemberg, Frau Dr. Brigitte Dahlender


Liebe Gäste der Naturschutztage,

zum zehnten Mal verleiht der BUND Baden-Württemberg den Gerhard-Thielcke-Naturschutzpreis. Es ist mir eine Ehre und Freude, Ihnen unseren neuen Preisträger vorzustellen. Zunächst aber möchte ich Ihnen einige Worte zu Entstehung und Charakter des Preises sagen:
Der Zoologe Gerhard Thielcke war einer der Gründer des BUND, sowohl auf Landes- wie auf Bundesebene, und er war unser langjähriger und prägender Landesvorsitzender von den 1970er bis Mitte der 1990er Jahre. Zum 75. Geburtstag von Gerhard Thielcke, im Jahr 2006, schuf der BUND einen Naturschutzpreis, der nach ihm benannt ist und für den er selbst die Vergabe-Kriterien formuliert hat. Der BUND-Landesvorstand entscheidet über die Preisvergabe.
Wir verleihen den Preis gerne bei den Naturschutztagen am Bodensee, denn Gerhard Thielcke hat diese Veranstaltung vor über 40 Jahren begründet und fühlte sich bis zum seinem Tod im Jahr 2007 in besonderer Weise mit den Naturschutztagen verbunden.
Unter den bisherigen Preisträgern sind:
  • aktive Naturschützer aus den Verbänden,
  • verdiente Vertreter der Behörden,
  • die Landwirtschaftsmeisterin Anneliese Schmeh
  • und Kai Frobel, der Initiator des Grünen Bandes auf dem ehemaligen innerdeutschen Grenzstreifen.


Nun zum Gerhard-Thielcke-Preis 2018. Hören Sie zunächst zwei typische Zitate aus der Feder des Mannes, den wir heute würdigen. Das erste Zitat stammt aus einem Infoblatt des BUND:
„Der Wein mit seinen Reben, die auf alten, schmalen oder auf modernen, großflächigen Rebterrassen gedeihen, ist mit dem Kaiserstuhl auf‘s engste verbunden und bestimmt weithin das Bild der Kulturlandschaft.
Die Wiesen, vor allem die blumenreichen Trockenrasen des inneren Kaiserstuhls, sind mit ihren seltenen Pflanzen, Schmetterlingen und anderen Besonderheiten ein Traumziel für Naturfreunde.
Die Wälder des Kaiserstuhls ergänzen den Dreiklang. Sie tragen in besonderer Weise zur Vielgestaltigkeit des Landschaftsmosaiks bei, zum Artenreichtum und zur Beliebtheit als Wander- und Ausflugsgebiet.“

Das zweite Zitat berichtet über eine Entdeckung im Schonwald "Höllenberg", östlich von Staufen, am Eingang zum schönen Münstertal im Schwarzwald:
„Beim Durchmustern von trockenem Mulm aus einer hohlen Eiche fiel im März 1997 aufgrund des goldgrün-kupferigen Glanzes ein wenige Millimeter großes Fragment vom Rand der Flügeldecke eines Käfers auf. Bald war klar: Es handelte sich um den Großen Puppenräuber, eine unter den heimischen Käfern besonders große und attraktive, aber auch besonders seltene Art. Die Rote Liste der Laufkäfer in Baden-Württemberg stuft ihn als vom Aussterben bedroht ein.“
Bemerkenswert an diesen Zitaten, einmal mit poetischem und einmal mit fachlich-zoologischem Charakter ist folgendes: Diese Worte stammen
  • von einem Mann, der ein langjährig engagierter und fachlicher fundierter Kämpfer in Sachen Atom und Waldsterben ist,
  • von einem Menschen, der bei seiner beruflichen Tätigkeit beim Chemischen und Veterinäruntersuchungsamt in Freiburg schon früh mit Umweltthemen beschäftigt war,
  • von einem Organisator vieler Demos und Protestaktionen und einem begeisternden Demonstrationsredner,
  • von einem der wichtigsten Aktiven und Vordenker der Umweltbewegung am Oberrhein,
  • von einem Autor unzähliger Stellungnahmen zu Planungsverfahren,
  • von einem Mann, der sich als Vorstandsmitglied im BUND und in vielen anderen Umweltorganisationen immer wieder in die Pflicht nehmen ließ – und diese Verbandsarbeit auch meistens mit sichtlicher Freude ausübte.
  • Und die Zitate stammen von einem Mann, der als großer Motivator der Umweltbewegung viele andere Menschen fürs Engagement begeisterte.

Seine Weggefährten charakterisieren unseren Preisträger als Meister des Wortes und der strategischen Planung, als einen Meister beim umsichtigen Schmieden von Koalitionen sowie beim Entwerfen und Verfassen von Flugblättern. Er versteht die Motivation von Ehrenamtlichen genauso gut, wie die Organisation von Großkundgebungen.
Nicht alle Menschen finden Sitzungen gut. Unser Preisträger aber gehört zu den Menschen, die sich bei Sitzungen wohl fühlen. Besonders gerne ist er bei Koordinationstreffen dabei, wenn Strategien festgelegt, wenn Protest-Aktionen vorbereitet werden. Warum gefällt ihm das so? Wohl deshalb, weil er so vielseitig interessiert ist und weil er die Debatte mit Gleichgesinnten, mit seinen Weg- und Kampfgefährten ausgesprochen genießt. Jedenfalls weiß Axel Mayer, BUND-Regionalgeschäftsführer am südlichen Oberrhein, über das Sitzungsverhalten unseres Preisträgers folgendes zu berichten: Einer seiner leider arbeitsbeschaffenden Lieblingssätze bei Sitzungen ist: „Das gerade diskutierte Thema ist so wichtig, da sollten wir uns bald noch mal treffen.“
Die Geschichte über unseren neuen Gerhard-Thielcke-Preisträger beginnt schon vor dem Jahr 1973. Er liebt und kennt den Kaiserstuhl und war mit einer der ersten fachkundigen Kritiker der Großflurbereinigungen. Nachdem bekannt wurde, dass im südbadischen Wyhl ein Atomkraft gebaut werden soll, besetzten zahlreiche Menschen der umliegenden Region und von beiden Seiten des Rheins den Bauplatz. Sie beließen es nicht beim Hüttenbau und bei Demonstrationen:
Es entstanden …
  • viele Aufklärungsschriften, die landes- und bundesweite Verbreitung fanden, ein illegaler Rundfunksender namens „Radio Dreyeckland“. Dieser informierte über die atomare Gefahr und über Möglichkeiten, sich zu engagieren,
  • Es entstand eine Demonstrationskultur, die zum einen zur erfolgreichen Verhinderung des Atomkraftwerks führte, ein historischer unglaublich wichtiger Sieg, und andererseits als Modell für Hüttendörfer und Protestgruppen in ganz Deutschland diente.
  • Und es entstand die erste Umwelt-Volkshochschule der Welt, deren Unterrichts-Campus auf dem besetzten Gelände von Wyhl lag, die berühmte Volkshoch-schule Wyhler Wald. Hier, in dieser außergewöhnlichen Bildungsstätte, fand unser Preisträger eine auch für einen Natur- und Umweltschützer nicht alltäg-liche Berufung, die er bis heute pflegt und die ihn bis heute auszeichnet:

Er hielt nicht nur selber Vorträge, sondern er begann, gemeinsam mit anderen Aktiven an der Umwelt-Volkshochschule Wyhler Wald eine Natur-und Umwelt-Programmreihe nach der anderen auf die Beine zu stellen.
Und das eben nicht bloß Anfang der 1970er Jahre in Wyhl, sondern in den folgenden Jahrzehnten an zahlreichen Orten der Region. Programme mit lockenden Veranstaltungen, sowohl für den BUND, als auch für viele andere Institutionen, zu einer großen Bandbreite ökologischer Themen. Ernste, politische Themen wie die Aufklärung über die atomare Gefahr oder zur erneuerbaren Energie, später zum Waldsterben, und in jüngerer Zeit zum Rückgang der Insekten gehörten dabei für ihn genauso zum Spektrum wie schöne Bildvorträge und Exkursionen in die Natur von Schwarzwald, Kaiserstuhl oder den Rheinauen. Er organisierte große Benefizkonzerte und ökologische Filmabende genauso wie Vogelstimmenführungen.
Allein in Staufen stellte er für „seine“ Bürgerinitiative Umweltschutz über 30 breit gefächerte Jahresprogramme auf. Man muss sich diese Stetigkeit auf der Zunge zergehen lassen: Über 30 Jahre lang jedes Jahr Referentinnen und Referenten sowie Veranstaltungsorte für ein Dutzend und mehr Veranstaltungen suchen, mit gedrucktem Programm und in den Medien jede Veranstaltung ankündigen. Und dazu fungierte unser Preisträger oft selber als Vortragender. Bis heute ist er als Progammmacher tätig, denn auch die jetzt aktuellen Jahresprogramme der BUND-Gruppen in Staufen und in Schönberg bei Freiburg gehen auf unseren Preisträger zurück.
Ein einschneidendes Ereignis für unseren Preisträger und seine Familie war im April 1986 die Reaktorkatastrophe in Tschernobyl." Er und seine Frau Christl, Eltern von drei kleinen Kindern, mussten erleben, dass die lange diskutierten und von vielen so genannten Fachleuten geleugneten Katastrophenszenarien vom Super-GAU zur Realität wurden. Wie vielerorts im Land hielten sie ihre Kinder bei schönstem Maisonnenschein im Haus. Wie so viele machten sie sich auf die Suche nach unverstrahltem Milchpulver und unbelasteten Lebensmitteln.
Eine "Elterninitiative Staufen" wurde gegründet. "Tschernobyl, Fessenheim und wir – Leben mit Radioaktivität" lautete im Herbst 1986 die erste von unserem Preisträger organisierte Veranstaltungsreihe nach der Katastrophe von Tschernobyl.
"Gestern wie heute ging es immer auch ums Lokale und ums Persönliche", erklärt er, "deshalb war auch immer das Thema umweltfreundliche Energieversorgung in unserer Stadt präsent." Bei Vorträgen zu Umweltschutz im Haushalt und zur erneuerbaren Energie ging es immer wieder auch darum, was der Einzelne ganz konkret machen kann.
Darauf folgte ein jahrzehntelanges lokales Umwelt-Engagement in Staufen, über 300 organisierte Veranstaltungen und die stetige Einflussaufnahme auf viele umweltbezogene Planungen und Themen.

Viele von uns wissen: Es dauert lange, bis ein so gutes und großes umweltpoliti-sches Engagement auch von der Mitte der Gesellschaft und im eigenen Wohnort gewürdigt wird. 2015 war es so weit: Der Gemeinderat der Stadt Staufen beschloss einstimmig, unseren heutigen Preisträger mit der Ehrenmedaille der Stadt zu ehren.
Als BUND-Landesvorsitzende ist es mir wichtig und eine Freude, auch die Verdienste unseres Preisträgers für unseren Verband zu würdigen. Mehr als zehn Jahre hat er seine Energie, seine Ideen und seine Erfahrung in die Führung unseres BUND-Regionalverbands Südlicher Oberrhein sowie der BUND-Ortsverbände Schönberg und Staufen eingebracht. Auch dafür mein großer und herzlicher Dank.
BUND-Regionalgeschäftsführer Axel Mayer sagt über unseren Preisträger: „Stellungnahmen zu Planungsverfahren schreiben viele, aber er schriebt die schönsten.“ Ich schließe diese Laudatio daher mit einem weiteren sehr charakteristischen Zitat unseres Preisträgers ab – diesmal aus der Stellungnahme zur Fortschreibung des Regionalplans:
„Seit Jahrzehnten kommen Bücher unter dem Motto „Paradies am Oberrhein“ erfolgreich auf den Markt. Stets sind sie voller Sympathie für diese Landschaft, voller Begeisterung und Enthusiasmus. Der Reichtum unserer Region zwischen Rheinwald und Kaiserstuhl, über die Mooswälder und die Hügel der Vorberge bis zu den subalpinen Gipfeln des Hochschwarzwaldes und zur wilden Wutachschlucht - all das macht eine besonders liebenswürdige Region aus, die Ihresgleichen sucht. Darin steckt ein großes und wertvolles Kapital, als Lebensqualität und Wohlfühlfaktor für Einheimische wie für Gäste.
Sind sich nicht alle einig, dieses Kapital pfleglich und behutsam zu hüten? Mit der nicht vermehrbaren Landschaft sparsam umzugehen, die Vielfalt und Schönheit zu schützen, die Ortschaften vorsichtig zu entwickeln?
Leider ist das Illusion. Wenn ein Gemeinderat am Schwarzwaldrand einstimmig alle „Vorranggebiete für Naturschutz und Landschaftspflege“ auf seiner Gemarkung ablehnt - nachdem dort schon alle Grünzäsuren gestrichen wurden, wenn der Gemeinderat einer anderen Gemeinde mit einer einzigen Gegenstimme beschließt, dem Einspruch gegen die Bebauung einer Waldrandwiese im Landschaftsschutzgebiet zu widersprechen, dann stimmt etwas nicht.
Die Forderungen der Landesplanung zur Verringerung von Flächenverbrauch und Landschaftszerschneidung sind eben keine Schikanen der Behörden gegenüber den Gemeinden. Vielmehr sind es gesetzlich verbindliche Vorgaben, mit dem Ziel eine angepasste Entwicklung der Kommunen und den Erhalt unserer schönen Landschaft erreichen sollen.“
Ich möchte Sie nun nicht länger auf die Folter spannen und bitte unseren Gerhard-Thielcke-Preisträger 2018 auf die Bühne. Herzlich willkommen, Frank Baum!


[artikel=IMPORT: Umzug]


Frank Baum: Freund, Naturschützer, Umweltschützer, Entomologe, BUND- & und Anti-Atom-Aktivist aus Staufen


Frank Baum aus Staufen zählt zu den engagiertesten Umwelt- und Naturschützern (nicht nur) am Oberrhein.

Hier finden Sie eine kleine Auswahl von Texten über Frank Baum und sein Engagement:



Frank Baum hat eine Vielzahl von wichtigen Texten zu Naturschutzthemen und noch mehr Stellungnahmen geschrieben.
Hier finden Sie eine kleine Auswahl:



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Dieser Artikel wurde 1958 mal gelesen und am 9.1.2018 zuletzt geändert.