21.07.2015
Insektenhotel / Wildbienenhotel bauen: BUND - Nisthilfe für Wildbienen, Ohrwürmer und Co.
Was ist ein "Insektenhotel"?
Ein Insektenhotel dient Insekten als Überwinterungs-, Nist- und Überlebenshilfe. Es kann in unterschiedlichen Größen und Formen gestaltet werden. So reicht eine mit Löchern versehene Baumscheibe bereits aus, um z.B. Wildbienen Unterschlupf zu bieten. Oft umfasst der Maßstab eines Insektenhotels jedoch mehrere Stockwerke und ,,Zimmer’’ auf ca. zweimal einem Meter. Dabei sollte das Innenleben des Bauwerkes möglichst abwechslungsreich sein, um den unterschiedlichen Ansprüchen der einzelnen Arten gerecht zu werden.
Warum benötigen Insekten "Hotels"?
In den letzten Jahrhunderten hat der menschliche Eingriff in die Natur stark zugenommen. So werden z.B. Felder vermehrt mit Pestiziden behandelt, Grünflächen besiedelt, Gewässer begradigt oder trockengelegt und es herrscht ein schrecklicher Ordnungsdrang (nicht nur) in Garten, Wald und Natur. Diese Eingriffe durch den Menschen führen unter anderem zu Habitatsverlust für Insekten. Viele natürliche Lebensräume wie z.B. Lehmhänge oder Totholz sind daher nur noch selten vorhanden. (Umfangreiche Infos zum Schmetterlingssterben und Insektensterben finden Sie hier.)
Mit ihrem Lebensraum verschwinden auch die dort lebenden Insekten. Der Habitatsmangel ist eine maßgebende Ursache für das Verschwinden vieler Arten. Dagegen soll das Insektenhotel zumindest einen kleinen Teil des verlorenen Lebensraums ersetzen. Es ist nicht verwunderlich, dass Insekten, die in den künstlichen Nisthilfen ihr Zuhause finden, oft bedrohte Arten sind. Dazu sind die Arten, die durch ein Insektenhotel gefördert werden sehr wertvoll, da sie das Ökosystem vielerorts gut ergänzen, indem sie darin als Fraßfeinde von Pflanzenschädlingen und als Bestäuber auftreten.
Warum brauchen wir Menschen Wildbienen?
"Bei der Bestäubung von Pflanzen haben wildlebende Bienen und andere Insekten eine große Bedeutung. 50 Wissenschaftler haben weltweit etwa 600 Anbauflächen inspiziert oder Studien darüber ausgewertet. Die Ergebnisse wurden im Magazin Science veröffentlicht. -“Unsere Daten zeigen, dass viele verschiedene Bestäuberarten noch einmal einen Mehrwert bringen: Sie sichern eine höhere Ernte und auch eine größere Gleichmäßigkeit der Erträge", sagt Ingolf Steffan-Dewenter vom Biozentrum der Universität Würzburg. Deutschlandweit sind 550 Wildbienenarten bekannt, weltweit sind es Steffan-Dewenter zufolge etwa 30.000. Die Forscher stellten fest, dass die Wildbienen sehr erfolgreich arbeiteten. So würden 100 Honigbienen und 50 Wildbienen ein Feld erheblich besser bestäuben als 150 Honigbienen. Das liege daran, dass die wildlebenden Insekten effizienter seien. Die Wissenschaftler glauben nun, dass die Wildbienen keine größeren Mengen an Pollen transportieren, dafür aber qualitativ hochwertigere. Die Forscher zogen ein klares Fazit: Der Lebensraum der Wildbienen muss besser geschützt werden." Quelle: www.sciencemag.org
Und wir brauchen Wildbienen nicht nur, weil sie "nützlich" sind, sondern weil sie da sind und weil sie schön sind! (Axel Mayer)
Insektenhotels sind ein kleiner, bescheidener, lokaler Versuch, gegen das Artensterben anzugehen
und immer nur "Ersatz"! Sie können an einigen Stellen helfen, die Insektenpopulation und die Vielzahl an Insektenarten lokal zu steigern, wodurch ein Ökosystem aufgewertet werden kann, z.B. dient eine dichtere Insektenpopulation Vögeln als Nahrungsquelle. Noch wichtiger als der Bau von "Notunterkünften für Insekten" ist das Engagement für die bedrohte Restnatur!
Gerade auch Wildbienen leiden unter Agrargiften und Neonicotinoiden
Insektenhotels erfüllen insbesondere aber auch einen großen Zweck in der Umweltbildung, indem sie als Anschauungsmaterial zur Biologie und dem Naturschutz dienen. Insektenhotels und Nistkästen sind ein wichtiger Beitrag, um Menschen an Natur und Naturschutz heranzuführen.
Die Zimmer im Insektenhotel
Kleine "Hotels" können aus nur einem ,,Zimmer’’ bestehen, so dient bspw. ein mit Löchern versehenes Holzstück oder ein Bündel Schilfhalme schon als Nisthilfe und Winterruhe für Insekten. Es gibt aber auch große Kästen, die aus vielen solcher ,,Zimmer’’ bestehen. Dazu wird ein Holzrahmen mit Unterteilungen angefertigt, die dann mit verschiedenen Naturmaterialien und porösen Backsteinen gefüllt werden.
Beim Bau eines Hotels muss darauf geachtet werden, dass Vögel das Füllmaterial nicht herausziehen können, um die Insekten zu fressen. Auch sollte das Füllmaterial ungiftig und das Holz für den Rahmen nicht mit chemischen Holzschutzmitteln behandelt sein. Die ,,Zimmer’’ müssen trocken und witterungsgeschützt sein, also sollte das Hotel überdacht stehen oder selbst ein regenschützendes Dach haben. Es ist wichtig, dass das Hotel der Sonnenseite zugewandt steht, so dass die Insekten genügend Wärme bekommen.
Wer zieht ein im Insektenhotel?
- Der erste Gast ist meistens die Rote Mauerbiene (Osmia rufa). Sie ist am wenigsten wählerisch und nimmt sowohl die Öffnungen in Ziegelsteinen wie auch Bohrlöcher im Holz an.
- Die angebohrten Holzklötze werden von folgenden Arten gewählt: Löcherbiene, Scherenbienen, Blattschneiderbienen, Maskenbienen.
- Markhaltige Stängel mögen die Keulhornbiene, einige Mauerbienenarten, die Maskenbienen und die Blattschneiderbienen.
- Morsches Holz ist attraktiv für Blattschneiderbienen, die blaue Holzbiene und die Pelzbiene.
- Lehmbauwerke werden von den Pelzbienen, der Seidenbiene und der Maskenbiene bezogen.
(Diese Angaben über die in Nisthilfen zu erwartenden Arten sind entnommen aus: Helmut und Margrit Hintermeier, Bienen, Hummeln, Wespen im Garten und in der Landschaft, Obst und Gartenbauverlag, München 2002)
Wer einmal ein Insektenhotel oder einen Nistkasten gebaut und aufgehängt hat
und wer Insekten, Vögel und andere Tiere und Natur beobachtet, wird langfristig auch erkennen, dass der Bau von Nisthilfen nur ein erster, kleiner Schritt ist, denn die Bedrohung der Arten erfordert weitergehende Schritte. Auf diesem Wege lernt man, dass Natur in Gärten, Wälder, Städte und Dörfer zurückgebracht werden muss und dass Insekten-, Vogel-, Natur- und Umweltschutz langfristig auch dem Menschen dient und nutzt. Gerade Gartenfreunde können einiges zum Artenschutz beitragen. Naturnahe Brutstätten finden Insekten überall dort, wo es im Garten ein wenig „unordentlich“ ist. Alte, morsche Bäume, abgestorbene Äste, Hecken, „Wildnisecken“ und der Verzicht auf Gift gehören bei einem lebendigen, naturnahen Garten dazu.
Axel Mayer, BUND-Geschäftsführer
Mehr Infos:
Da nützt das tollste Insektenhotel wenig...
Schmetterlingssterben - Insektensterben (nicht nur) am Oberrhein
Mehr Informationen zu diesem wichtigen Thema hier.