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Integriertes Rheinprogramm IRP: Stellungnahme des BUND zum Planfeststellungsbeschluss des Landratsamts Ortenaukreis,

03.08.2010
BUND Baden-Württemberg, Fon 0711 620306-19, bund.bawuebund.net

Frontalangriff auf das Integrierte Rheinprogramm und den Hochwasserschutz gescheitert
Freiburger Verwaltungsgericht kritisiert nur Details des Rheinprogramms


(Stuttgart/Freiburg) Mit der Klage gegen den Planfeststellungsbeschluss zum Polder "Alte Elzmündung" wollten die Kläger das Integrierte Rheinprogramm insgesamt zu Fall bringen. Nach Ansicht des BUND ist diese Strategie grundlegend gescheitert, da die 2. Kammer des Verwaltungsgerichtes Freiburg in ihrem heutigen Urteil nur einige Details des Planfeststellungsbeschlusses kritisiert. Der BUND stuft dies als Erfolg für die Menschen ein, die unterhalb des staugeregelten und begradigten Oberrheins seit Jahren mit dem ständig zunehmenden Risiko einer großen Hochwasserkatastrophe leben müssen.

Nach Ansicht der Kläger hätte das Integrierte Rheinprogramm zum Hochwasserrückhalt am südlichen Oberrhein einer eigenständigen Gesetzgebung sowie eines gesonderten Raumordnungsverfahrens bedurft. Das Freiburger Verwaltungsgericht hat dies nun verneint. Zudem kamen die Richter zum Ergebnis, dass die periodischen "Ökologischen Flutungen" durchaus geeignet sind, die Lebensgemeinschaften im geplanten Polderareal für den Ernstfall fit zu machen und gegen eine großflächige Überflutung im Retentionsfall zu wappnen. Damit ist die Strategie der Kläger gescheitert, die "Ökologischen Flutungen" als wesentlichen Baustein aus dem Integrierten Rheinprogramm herausnehmen zu lassen.

Dr. Brigitte Dahlbender, Vorsitzende des BUND Baden-Württemberg, forderte das Land auf, die vom Gericht zu Recht monierten Mängel im Planfeststellungsbeschluss nun möglichst schnell zu beheben. "Angesichts der massiven Hochwassergefahr auf der Rheinstrecke von Iffezheim bis Mainz muss der nötige Hochwasserrückhalt am südlichen Oberrhein nun so schnell wie möglich gesichert werden und darf nicht durch langwierige Berufungsverfahren verschleppt werden. Das vom Gericht bemängelte Grundwasserkonzept für zwei Gemeinden und der Schutz der Schmalen Windelschnecken müssen jetzt möglichst schnell in der Planfeststellung berücksichtigt werden. In den Klägergemeinden bestehen massive Vorbehalte gegen den Hochwasserrückhalteraum. Hier muss das Land reagieren", so Dahlbender abschließend.




An das
Verwaltungsgericht Freiburg
Habsburger Straße 103
79104 Freiburg 28.Juli 2010

Kurze Stellungnahme
zum laufenden Verfahren gegen den Planfeststellungsbeschluss des Landratsamts Ortenaukreis, zur Einrichtung eines Hochwasserrückhaltebeckens und zu ökologischen Flutungen im Rahmen des Integrierten Rheinprogramms


Sehr geehrte Damen und Herren,

Der Bund für Umwelt und Naturschutz und die großen Naturschutzverbände stehen zum Integrierten Rheinprogramm und zu den geplanten ökologischen Flutungen. Die großen Naturschutzverbände haben auch beim umstrittenen Polder Elzmündung Kompromisse akzeptiert, um den dringend notwendigen schnellen Hochwasserschutz nicht zu behindern.

Grundsatzposition des BUND am Südlichen Oberrhein zum Integrierten Rheinprogramm

Vorbemerkungen:
Kritisch und engagiert begleiten die Naturschutzverbände die Planungen zur Hochwasserrückhaltung am südlichen Oberrhein bereits seit mehr als 20 Jahren. Wir haben die erste Phase der Planungen erlebt, bei denen der technokratische Hochwasserschutz mit einer überdimensionierten Wehrlösung, verbunden mit enormen Aufstauhöhen, im Vordergrund der Planungen stand. Es handelte sich damals um sehr technisch orientierte, naturferne Lösungen. Diese ursprünglichen Planungen waren auch aus naturschutzrechtlichen Gründen nicht akzeptabel und wurden schließlich von den Fachbehörden verworfen. In lang andauernden Diskussions- und Entscheidungsprozessen wurden diese Pläne grundlegend verändert und Lösungen gesucht, die Hochwasserschutz mit Naturschutz verbinden. Die jetzt in der Planung und Planfeststellung befindlichen 13 Polder- und Auskiesungslösungen nördlich von Basel sind das Ergebnis dieser jahrzehntelangen Überlegungen und Diskussionen. Die Grundhaltung des BUND zum aktuellen Planungsstand des Integrierten Rheinprogrammes (IRP) ist ein kritisches, differenziertes Ja.

Eine Umsetzung der Planungen ist schnell nötig
Auf über 6 Milliarden Euro könnten sich die Kosten eines extremen Hochwassers, wie es theoretisch alle 200 Jahre auftritt, alleine auf dem Teilstück des Rheins zwischen Iffezheim und Bingen belaufen. Das Leid der betroffenen Menschen und die ökonomischen Schäden wären unabsehbar. Und wenn die viel zu nah an den Fluss gebauten Industrie- und Chemieanlagen überflutet würden, wären auch die ökologischen Folgen für den Rhein und die überschwemmte Landschaft verheerend. Diese Gefahren bedeuten eine große Verantwortung für alle Akteure, die Planungen zur Hochwasserretention nicht zu verschleppen, sondern zügig umzusetzen. Ein nationaler Umweltverband wie der BUND muss diese Aspekte in die Bewertung und Abwägung einbeziehen und vertretbare Kompomisslösungen suchen. Lokale Bürgerinitiativen, Gemeinden, Interessengruppen und manchmal sogar örtliche Umweltschützer können dies anders sehen.

Sondersituation südlich von Breisach
Die landschaftsökologisch bedingte Sondersituation südlich von Breisach (irreversible Grundwasserabsenkung!) erfordert eine gesonderte Betrachtung. Grundsätzlich erscheinen die jetzt gefundenen Kompromisslösungen (differenzierte Tieferlegung von Vorlandflächen in unterschiedlicher Breite) akzeptabel.

Nördlich von Breisach (auch Polder Elzmündung)
Hier gibt es noch naturnahe Auenreste, und hier sollen die anderen 12 Polder realisiert werden. Wassermangel, Monokulturen und Kiesabbau haben
allerdings in der Vergangenheit erhebliche Schäden am Auewald verursacht.

Ökologische Flutungen sind die unabdingbare Voraussetzung des IRP
Ein unerlässlicher Bestandteil des IRP in den grundwassernahen Wäldern nördlich von Breisach sind regelmäßige ökologische Flutungen. Mit ihnen soll der dynamische Wechsel zwischen niedrigen und hohen Wasserständen in den ehemaligen Rheinauen ein Stück weit wiederhergestellt werden. Nur so können Flora und Fauna an kommende Hochwassersituationen angepasst werden. Die ökologischen Flutungen bieten die Chance, dass aus den geringen Resten von Natur, die der Mensch dem Fluss gelassen hat, wieder auenähnliche Wälder werden. Sie sind als Ausgleich für die massiven Eingriffe des IRP in die Natur unerlässlich.

Das Bundesamt für Naturschutz schrieb in einer Presseerklärung am 1.10.2003: "Auetypische Flutungen am Oberrhein sind notwendig" und weiter: "Die Hochwasservorsorge darf nicht vernachlässigt werden. Das Bundesamt für Naturschutz begrüßt deshalb, dass Länder wie Baden-Württemberg mit dem “Integrierten Rheinprogramm“ (IRP) zum Hochwasserschutz beitragen“, sagte der Präsident des Bundesamtes für Naturschutz (BfN), Professor Dr. Hartmut Vogtmann. „Insbesondere werden ökologische Flutungen im natürlichen Wechsel mit anhaltend niedrigen Wasserständen als Voraussetzung für einen naturverträglichen Hochwasserschutz vom BfN befürwortet. Nur naturnahe Hoch- und Niedrigwasserstände vermögen in den Auen wieder die natürlichen Bedingungen für eine auetypische Tier- und Pflanzenwelt zu schaffen. Naturnahe Überflutungsauen sind auch am besten geeignet, hohe Abflüsse zu verzögern, großräumig abzusenken und so Menschen vor Schäden zu bewahren". Dies entspricht der Position des BUND und der anderen großen Naturschutzverbände in Sachen ökologische Flutungen.


Es gibt in Sachen Ökologische Flutungen natürlich auch die VertreterInnen der „reinen Lehre“.

  • Wer „nur“ den Hochwasserwasserschutz sieht, muss möglichst hohe Querriegel, Dämme und maximale Einstauhöhen fordern.
  • Wer „nur“ auf Naturschutzaspekte achtet, verwirft alle Querriegel und fordert das frei fließende Wasser in den Auen.


Und doch müssen wir Hochwasserschutz mit Naturschutz verbinden und das bedeutet eben Kompromisse, auch für die Naturschutzverbände und den BUND.

Sollten lokale Interessengruppen durch Klagen die ökologischen Flutungen verhindern oder erheblich einschränken, so würde dies die Planungen für das IRP in ihrer Gesamtheit gefährden.
Die grundsätzliche Zustimmung des BUND zu den ökologischen Flutungen bedeutet nicht, dass diese Planungen vor Ort nicht noch verbessert und optimiert werden können.

Angesichts eines jeden Tag möglichen Jahrhunderthochwassers dürfen solche Überlegungen und Gerichtsverfahren aber nicht zu einer weiteren Verzögerung oder grundsätzlichen Infragestellung der Planungen führen, deren Umsetzung überfällig ist.
Wenn Professor Reinhard Sparwasser, der Rechtsvertreter von Schwanau und Kappel-Grafenhausen, das IRP generell in Frage stellt, dann halten wir das für absolut unverantwortlich.
Mit freundlichem Gruß
Axel Mayer / Geschäftsführer


Mehr Infos zum Integrierten Rheinprogramm IRP hier


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Dieser Artikel wurde 4322 mal gelesen und am 3.8.2010 zuletzt geändert.