Alle Jahre wieder - unser Rückblick auf das vergangene Jahr. Ein kurzer, zwangsläufig unvollständiger Überblick über einige Umwelt- und Naturschutzthemen nicht nur im Dreyeckland. Und eben auch - wie alle Jahre wieder - Informationen über Erfolge und Misserfolge. Für den BUND und die Umweltbewegung war das Jahr 2005 auch ein Jahr der makaberen "Rechthaberei". Nicht nur in Sachen Klimaänderung, Verknappung und Verteuerung der Energie wurden und werden alte Prognosen der UmweltschützerInnen immer mehr zur Realität.
Januar 2005
Nach über 50 Jahren laicht zum ersten Mal wieder ein Lachs in der Kinzig. So wurden auch unsere langjährigen, mühsamen Kämpfe um saubere Bäche und Flüsse (Usine Kaysersberg!) mit einem weiteren Erfolg gekrönt.
8. März 2005
Ein enttäuschendes VGH-Urteil in Sachen Bugginger Grundwasserversalzung bestätigt wieder einmal die Erfahrung, dass in Sachen Umwelt zumeist nur die "kleinen Sünder" bestraft werden. Wer sich als Umweltverschmutzer teure Anwälte leisten kann (wie die Kali und Salz AG) kommt meistens ungeschoren davon. Die Sanierung der Altlast "Abraumhalde Buggingen" wird durch dieses Urteil der Allgemeinheit aufgebürdet und das Verursacherprinzip ausgehebelt.
29. April 2005
Die Umweltverbände am Oberrhein und auch der BUND fordern in Sachen Neukonzessionierung des Kraftwerks Kembs mehr Wasser in den Restrhein zu leiten. Das älteste, südlichste Wasserkraftwerk am Oberrhein bei Kembs befindet sich im Besitz der EDF und die Konzession läuft im Jahr 2007 aus. Damit die Ziele internationaler Programme wie "Rhein 2020" (aus dem Rhein einen Fluss voller Lachse zu machen), die Ziele der Wasserrahmenrichtlinie und des Hochwasserschutzprogramms der IKSR erreicht werden können, fordern die Umweltorganisationen, dass der Mindestabfluss im Restrhein 100m3/s beträgt und die Abflüsse das ganze Jahr über an die Abflüsse z.B. am Pegel bei Basel oder Rheinfelden angepasst werden (naturnahe statt konstante Abflüsse). Aus dem "Restrhein" muss wieder ein naturnaher Fluss für Mensch, Lachs, Kormoran und Eisvogel werden.
11. Mai 2005
Der "Ausstiegs"beschluss der rot-grünen Bundesregierung führt zur Abschaltung des Atomkraftwerk Obrigheim. Fast gleichzeitig wird ein schwerer Atomunfall in der britischen Wiederaufarbeitungsanlage Sellafield bekannt. Das Regierungspräsidium Freiburg und der Regionalverband Südlicher Oberrhein verstärken ihre Verhinderungsplanung gegen Windräder in Südbaden und setzen so die politischen Vorgaben der Stuttgarter Atomparteien um. In den letzten 10 Jahren haben sich die Preise für atomar-fossile Energien mehr als verdoppelt, während sie sich für erneuerbare Energien halbiert haben.
Juni 2005
Der Benzinpreis erreicht auch in Südbaden mit Preisen von bis zu 1,25 Euro/Liter Superbenzin seinen bisherigen Höchststand. Das weltweit knapper werdende Öl löst beim abhängigen Patienten Mensch klassische Suchtsymptome aus. Statt Energie zu sparen und Alternativen zu fördern rufen wachstumsgläubige Politiker nach einer intensiveren Ölförderung und nach der noch härteren Energiedroge Atomenergie.
17. Juni 2005
Der Trinationale Atom-Schutzverband der Bevölkerung um das AKW Fessenheim (TRAS) wird von Vertretern aus Frankreich, Deutschland und aus der Schweiz in Basel gegründet. Das AKW Fessenheim fällt auch im Jahr 2005 wieder mit Pleiten, Pech und Pannen auf. Bei allen französischen AKW der 900 MW-Klasse gibt es Probleme mit den Kühlwasserpumpen.
September 2005
Der Bundestagswahlkampf steuert mit Getöse seinem Höhepunkt entgegen. "Unbegrenztes Wachstum ist dauerhaft möglich und die einzige Lösung aller Probleme" ist die nicht hinterfragte, zentrale Botschaft von FDP und CDU, aber auch fast aller anderen Parteien. Der BUND Regionalverband kritisiert die Mythen vom unbegrenzten Wachstum in einem Thesenpapier. Bei einem anhaltenden Wachstum von 3% verdoppelt sich das Bruttosozialprodukt alle 23 Jahre, bei 5% sogar bereits alle 14 Jahre. Und eine Menge, die exponentiell wächst, vertausendfacht sich jeweils nach der zehnfachen Verdoppelungszeit. Dauerhaftes, exponentielles Wachstum einer Wirtschaft ist nicht möglich und führt zwangsläufig zur Selbstzerstörung. Eine erfreuliche, intensive Debatte im Internet beginnt.
November 2005
In den Vorstädten Frankreichs, in Paris, aber auch im Elsass, in Straßburg und Mulhouse brennen Autos. Zur Umweltverschmutzung kommt immer auch die Innenweltverschmutzung. In trostlosen Vorstädten mit fehlgeplanter Massenmenschhaltung kumuliert eine verfehlte Einwanderungspolitik und eine ungerechte Verteilung von Chancen und Arbeit zu massiven Jugendkrawallen. Die Krawalle sind auch ein Menetekel zukünftiger sozialer Entwicklung.
10. Dezember 2005
Der Friedensnobelpreis wird im Rathaus von Oslo an die IAEO/IAEA verliehen. Eine Initiative des BUND Regionalverband löst eine weltweite Protestkampagne gegen diese Fehlentscheidung des Nobelpreiskomitees aus. An der Kampagne, die den Zusammenhang von Atomkraftwerken und Atomwaffen aufzeigt, beteiligen sich 135 weltweite Umwelt- und Friedensgruppen und 250 Einzelpersonen. Mit dem Friedensnobelpreis für die IAEA wird der atomare Bock zum Gärtner gemacht.
Dezember 2005
Nach der öffentlichen Auflage des Entsorgungsnachweises für ein politisch gewolltes, geologisch schlechtes Atommüllendlager am Rheinfall gehen rund 3800 Stellungnahmen ein. Die vielen Einsprüche sind ein gutes Beispiel für die Zusammenarbeit der Umweltorganisationen im Dreyeckland.
Axel Mayer
Absolut notwendiger Nachtrag, der manche der oben geschilderten wichtigen Themen und Probleme relativiert:
Der Hunger tötet weit mehr Menschen als jeder gegenwärtig geführte Krieg oder Terroranschlag. Jean Ziegler, UNO-Berichterstatter für das Recht auf Nahrung, schreibt 2005 in einem Bericht für die UNO, dass täglich 100 000 Menschen wegen fehlender Nahrung sterben. Im Jahr 2004 stirbt jede Sekunde ein Kind unter fünf Jahren an den Folgen des Hungers. Im Jahr 2004 litten gemäß Ziegler 842 Millionen Menschen an chronischer Unterernährung. Im Jahr 2015 waren es noch 800 Millionen, was jedoch immer noch bedeutet, dass jeder neunte Mensch hungert. Diese gerne verdrängte Katastrophe muss auch die Arbeit der Umweltbewegung am Oberrhein in Zukunft stärker beeinflussen. Ökologie und Gerechtigkeit sind die Schlüssel für Nachhaltigkeit.
Zu fast allen oben aufgeführten Themen finden Sie im Internet unter www.bund-freiburg.de umfangreiche Hintergrundinformationen und Presseerklärungen
2023: Umweltpolitischer Jahresrückblick für Südbaden, Elsass, Nordschweiz und den Rest der Welt.
BUND & Mitwelt - Umwelt Rückblick für die Jahre 2023, 2022, 2021, 2020, 2019, 2018, 2017, 2016, 2015, 2014, 2013, 2012, 2011, 2010, 2009, 2008, 2007, 2006, 2005, 2004, 2003, 2002, 2001, 1999 ...
Hier geht's zu einer umfangreichen Darstellung der regionalen Umweltgeschichte am Oberrhein
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