20.02.2013

Lexikon der Öko-Irrtümer: Ein industrienahes Kampagnenbuch
Neue Durchsetzungsstrategien
halten Einzug bei den großen sozialen Auseinandersetzungen und Umweltkonflikten, insbesondere und immer dann, wenn sie wirtschaftliche Interessen betreffen. Bei vielen dieser großen Konflikte, vor allem im Bereich der Atomindustrie und der Gentechnik, geht es um Milliarden von Euro. Soziale Bewegungen, GlobalisierungskritikerInnen und die Umweltbewegung sind seit Jahren mit Spionage, Bespitzelung, Greenwash, Wikipediamanipulation, Akzeptanzforschung und industriegesteuerten Scheinbürgerinitiativen konfrontiert.
Bei diesen neuen Durchsetzungsstrategien spielen Bücher wie das Lexikon der Öko-Irrtümer der Industrielobbyisten Dirk Maxeiner und Michael Miersch oder das "Nachfolgebuch" Ökofimmel von Alexander Neubacher eine wichtige Rolle, um die Umweltbewegung zu diskreditieren.
Es gibt in der Werbung der Industrie-Lobbyisten ein wichtiges Prinzip:
"Kritisiere die Umweltschützer nicht selber - lass das von scheinbar neutralen Menschen und Institutionen machen". Immer wieder haben aus diesem Grund Tabak-, Atom- und Genkonzerne WissenschaftlerInnen gekauft und Journalisten sind als Kritiker noch "glaubwürdiger" als Professoren. Es geht darum, positiv besetzte Begriffe wie Umweltschutz, Nachhaltigkeit, Ökologie anzugreifen, Zukunftsfähigkeit zu diskreditieren und die Umweltbewegung in die politische Nähe von Sekten zu stellen.
Die Zeitschrift Die Zeit
hat am Beispiel des "Lexikons der Öko-Irrtümer" sehr detailliert aufgezeigt, mit welchen Tricks und Methoden solche Bücher agieren.
Mit einer kleinen Zeitverzögerung
haben Dirk Maxeiner & Michael Miersch eine industriegelenkte Lobbykampagne, den so genannten "Ökooptimismus", aus den USA nach Deutschland getragen. Bei vielen aktuellen Artikeln und Beiträgen dieser "Journalisten" ist nicht deutlich, ob es sich um redaktionelle Beiträge oder oder um Freianzeigen der Atom-, Kohle-, Öl- oder Gentechindustrie handelt.
Gerade die gut organisiertenKlimawandelleugner
haben sich seit Jahren auf das Thema Waldsterben eingeschossen. "Es gab überhaupt kein Waldsterben und der Kampf für Luftreinheit war unnötig, dumm und reine Hysterie" ist die zentrale Aussage der industriegelenkten Lobbyisten der Öl- und Kohlekonzerne.
Doch die erkennbaren Symptome der Waldschäden nahmen damals zu, Kinder in der Nähe von Großverbrennungsanlagen litten an Pseudokrupp, in der Nähe von deutschen Bleichemiewerken starben Kühe an Bleivergiftung. Es war die Zeit des schweren Chemieunfalls am 10. Juli 1976 in Seveso, am 3. Dezember 1984 kam es im indischen Bhopal zu einer verheerenden Chemiekatastrophe.
Die Bewegung gegen das Waldsterben und für saubere Luft hat in diesen Konflikten massive Erfolge für Mensch, Natur und Umwelt erreicht.
Die Proteste und Aktionen gegen das Waldsterben und für saubere Luft, Flüsse und eine menschengerechte Umwelt führten mittel- und langfristig zu einer erheblichen Verbesserung der Luftqualität und zu einer Zunahme des Umweltbewusstseins. Gesetze wurden auf Druck der Umweltbewegung und gegen die Lobbyisten verschärft, der PKW-Katalysator wurde eingeführt, verbleites Benzin wurde verboten, Kraftwerke und Industrieanlagen wurden entstickt, entschwefelt und zum Teil technisch auch sicherer. Auch die Düngung mancher Wälder ist ein Ergebnis der Debatte. Eine von vielen Ursachen der Walderkrankungen war der Ausstoß von Schwefeldioxid und der damit verbundene saure Regen. Hier brachte der Protest die größten Erfolge. "So konnten zum Beispiel alleine in Baden-Württemberg die SO2-Emissionen von 334.200 Tonnen 1973 auf 58.800 Tonnen 1995 reduziert werden, was einem Rückgang um über 80 % entspricht." schreibt die LUBW Baden-Württemberg. "In den alten Bundesländern lagen schon im Jahr 1994 die SO2-Emissionen um 76% unter dem Niveau des Jahres 1970." schreibt das Umweltbundesamt in den "Daten zur Umwelt" 1997. Quelle
Es ist kein Wunder, dass das "Lexikon der Öko-Irrtümer" auf fast allen Internetseiten der gut organisierten Klimawandelleugner gut beworben wird.
Ohne den Umweltschutz
und den Protest der Umweltbewegung gäbe es keine Kläranlagen und die Bäche und Flüsse in Europa wären wie früher stinkende, giftige Kloaken. Kinder in der Nähe von Großverbrennungsanlagen würden an Pseudokrupp leiden, in der Nähe von deutschen Bleichemiewerken würden Kühe an Bleivergiftung eingehen. AKW würden strahlen und Atomkonzerne ihren Atommüll im Meer versenken, wo auch Gifte und Dünnsäure "verklappt" würden und Müllverbrennungsanlagen wären Gift- und Dioxinschleudern. Asbest wäre ein toller Baustoff und die Holzschutzmittel würden giftiges Lindan enthalten.
Bücher wie das Lexikon der Öko-Irrtümer, aber auch das neue Buch Ökofimmel von Alexander Neubacher, reden einer neoliberalen Deregulierung das Wort und vertreten so Industrieinteressen. Sie zeigen natürlich auch Fehler und Fehlentwicklungen im Umweltbereich, denn ohne Fehler sind wir alle nicht.
In Zeiten der massiven Umweltvergiftung, aber auch heute gab und gibt es einflussreiche und mächtige Interessengruppen, die für die uneingeschränkte "Freiheit der Industrie" streiten, damit diese Gewinne machen kann ohne Rücksicht auf Mensch, Natur und Umwelt nehmen zu müssen.
Auch in Sachen Umweltschutz und Nachhaltigkeit
wurden und werden Fehler gemacht. Wie überall im Leben gibt es auch Fehlentwicklungen und Übertreibungen. Leider trägt das Lexikon der Öko-Irrtümer nicht dazu bei solche Fehler kritisch aufzugreifen.
Einen tatsächlichen Fehler und ein Problem der Umweltbewegung
hat das Buch von Dirk Maxeiner und Michael Miersch leider nicht beschrieben. Geben Sie einmal den Begriff "Lexikon der Öko-Irrtümer" bei einer Suchmaschine ein. Sie werden hunderte von begeisterten Lobbyisten und Interessenvertretern finden die das Buch loben. Nur die Umweltbewegung kümmert sich nicht um solche gezielten Angriffe.
Axel Mayer, BUND-Geschäftsführer
Lexikon der Öko-Irrtümer: Eine Greenpeace-Kritik
Alle Maßstäbe verloren
Norbert Schnorbach, Greenpeace-Pressechef, über BILD und das sogenannte „Lexikon der Öko-Irrtümer“
Echter Fortschritt kann nur durch vermehrte Aufklärung stattfinden“, heißt es im Vorwort des neuen Buches „Lexikon der Öko-Irrtümer“. Das Buch plädiert „für einen Neuanfang in Ökobewegung und Umweltpolitik“. Nachdem „die erste Welle des Umweltschutzes viel erreicht“ habe, müsse man nun „in den Köpfen Platz für das Neue schaffen und eine Menge alten Ballast abwerfen“, schreiben die Autoren Dirk Maxeiner und Michael Miersch. Klingt gut — auf den ersten Blick.
Sie stellen rund 150 Behauptungen auf (zum Beispiel „Der Müllberg wächst und wächst“ oder „Die Wälder sind weltweit in Gefahr“) und prangern diese dann als Öko-Irrtümer an. Die Argumentation folgt simplen Strickmustern: Manche „Irrtümer“ sind teilweise korrekt (viele Waldgebiete sind tatsächlich in Gefahr, aber nicht alle), andere waren früher richtig (damals wuchsen die Müllberge, aber heute wird mehr recycelt). Manche Kapitel lesen sich als flotte Polemik („Omas Küche war gesünder“, „Beton ist böse“), andere sind schlichte Einseitigkeit (Gentechnik, PVC, Brent Spar). Bei genauerem Hinsehen zeigt sich, daß die beiden einst angesehenen Journalisten in seichten Gewässern segeln. Sie halten keineswegs, was sie im Vorwort versprechen. Statt Fortschritt präsentieren sie Klischees gegen „überzogenen“ Umweltschutz, statt neuer Ideen servieren sie schludrige Informationen aus dubiosen Quellen. Statt Aufklärung enthält das Buch ein manipulatives Gemisch aus Halbwahrheiten und Verharmlosungen.
Wäre das alles, könnte man das Buch zuklappen und in der hinteren Reihe des Bücherregals verstauben lassen. Aber das griffige Motto von den „Öko-Irrtümern“ findet Widerhall dort, wo politischer Umweltschutz ein Dorn im Auge ist. So hat die BILD-Zeitung Gefallen gefunden am Niveau des Lexikons. BILD startete eine Serie mit dem Titel „Die größten Öko-Lügen“. Die Serie ging allerdings schnell zu Ende. Greenpeace konterte mit einer öffentlichen Erklärung über die „Öko-Lügen von BILD“ und legte juristische Mittel ein. Mit Erfolg: Der Springer-Verlag unterschrieb angesichts der sachlichen Fehler im Text eine Unterlassungserklärung. Sind die beiden Autoren Überzeugungstäter? Oder ökologische Wendehälse? Oder surfen sie auf den Wogen des Zeitgeistes? Einst waren Maxeiner und Miersch Umweltjournalisten bei der Zeitschrift „Natur“. Danach nur noch Journalisten, die bei Hoechst „in Lohn und Brot“ standen. Sie machten für den Chemie-Multi „phantasievolle Pressearbeit“ (Handelsblatt) als Textchefs der umstrittenen Hoechst-Zeitschrift „Change“. 1996 fiel ihr gemeinsames Buch „Öko-Optimismus“ unangenehm auf mit verbalen Attacken gegen „Pseudo-Ökos“, „Ökoheuchler“, „Ökopharisäer“, „Ökochonder“, „Ökopriester“, „Ökopäpste“, „Ökoromantiker“, „Öko-Stalinisten“ und so weiter. Jetzt sind die Autoren noch einen Schritt weitergegangen. In ihrem neuen Lexikon scheuen sie sich nicht, den Nazi-Propagandisten Goebbels für ihre Argumentation zu zitieren (Seite 136). Und sie nennen „Nationalsozialismus“, „Kommunismus“, „totalitäre Ideologien“ und „Ökologismus“ in einem Atemzug (Seite 11). Hier sind alle vernünftigen Maßstäbe verloren gegangen.
Quelle: greenpeace magazin 5.98
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- 3) Im Zweifel ist die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte immer noch eine gute Quelle zur Orientierung.