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Nitrat im Grundwasser im Landkreis Emmendingen / Das Beispiel Wyhl




Nitrat im Grundwasser im Landkreis Emmendingen / Das Beispiel Wyhl




Aktueller Einschub:


In Deutschland wird gegen EU-Auflagen zum Schutz von Gewässern verstoßen. Die Regierung habe zu wenig gegen Nitrate im Grundwasser unternommen, urteilte der Europäische Gerichtshof am 21.6.18 in Luxemburg. Ein Übermaß an Nitrat schadet der Umwelt und birgt Gesundheitsrisiken für Menschen. Wesentliche Quelle ist Dünger aus der Landwirtschaft. Diese Kritik gilt auch für den Oberrhein


Wyhl: Nitrat im Grundwasser – Eine "gute" schlechte Entscheidung


Die Gemeinde Wyhl hat ein großes Nitratproblem und der Gemeinderat hat eine Entscheidung getroffen. Der Gemeinderat stimmte im Dezember 2017 dem Liefervertrag mit dem Wasserversorgungsverband Sasbach-Endingen einstimmig zu. Ab 2019 sollen die Menschen in Wyhl mit dem Wasser aus dem Sasbacher Tiefbrunnen Rheinmatten versorgt werden.

Für den Bund für Umwelt und Naturschutz ist dies eine nachvollziehbare "gute" schlechte Entscheidung.

  • Eine "gute" Entscheidung
    Endlich bekommen die Menschen in Wyhl besseres Trinkwasser. Kleinkinder sollten aus Gesundheitsgründen das Wyhler Leitungswasser nicht trinken, denn der Grenzwert für Nitrat im Trinkwasser von 50 Milligramm Nitrat pro Liter (mg/l) ist überschritten. Das Trinkwasser in Wyhl weist zunehmend hohe Nitratwerte auf. Auch bei der Messung im November 2016 wurde ein Nitratwert von 55 Milligramm pro Liter festgestellt.

  • Eine schlechte Entscheidung
    Die gute Entscheidung für die Menschen in Wyhl ist allerdings gleichzeitig eine schlechte Entscheidung für´s Grundwasser, denn nicht das Grundproblem wird behoben und das Grundwasser saniert, sondern der Grundwasserverschmutzung wird ausgewichen. Der BUND freut sich, dass Wyhl und der Landkreis den bestehenden Tiefbrunnen nicht aufgeben sondern sanieren wollen. Ebenfalls erfreulich ist, dass das Wasserschutzgebiet nicht aufgegeben wird. In der Vergangenheit hat sich aber häufig gezeigt, dass der teure Anschluss an gutes Wasser der Nachbargemeinde zur Mischung unter den Grenzwert, oder irgendwann zur Schließung der eigenen Brunnen führt.


Seit Jahrzehnten wird das Nitratproblem diskutiert. Schon als der Bürgermeister der Wyhler Nachbargemeinde Weisweil, Karl Nicola ab 1972 Mitglied des Landtages von Baden-Württemberg und dort Vorsitzender des Ausschusses für den Ländlichen Raum war, gab es Untersuchungen und Versuche, das Dünger-Nitratproblem in seinem Wahlkreis zu lösen. Doch in Sachen Düngung gab es (nicht nur in Wyhl) nur minimale Fortschritte. Fast alle Gemeinden setzen auf die „Problemlösung“, wie sie jetzt auch in Wyhl beschlossen wurde. Wasser wird zugekauft, gemischt, verdünnt und neue Brunnen werden gebohrt, um nitratarmes Wasser zu erhalten, jedoch das Düngerproblem bleibt. Doch das funktioniert nur, solange es noch gute Brunnenstandorte gibt.

Die Nitratbelastung des Grundwassers ist hauptsächlich auf den Einsatz von mineralischem und organischem Dünger zurückzuführen. Die Art und Weise der Bewirtschaftung spiegelt sich im Grundwasser wieder. Dies zeigt gerade auch die aktuelle Grenzwertüberschreitung in Wyhl im Abstrom des Kaiserstuhls. Bei Konflikten um Düngung und die Ausweisung von neuen Wasserschutzgebieten haben die "Wassertrinker” die schwächste Lobby und die Behörden agieren eigenartig still.
Die Themen „Grundwasser und Grundwasserschutz“ sind wichtige Aufgaben des BUND und wir verstehen uns auch als Lobby der „Wassertrinker“ und des Bodenschutzes.
Es ist beeindruckend zu sehen wie in manchen Rheingemeinden das Nichtproblem "Rheinprogramm und Grundwasserschutz" zum Thema gemacht und die Ursachenbekämpfung der realen Wasserprobleme nicht angegangen wird.

Theoretisch dürfte die Trinkwasserbeschaffung im Landkreis Emmendingen kein Problem sein, denn der Landkreis „sitzt“ auf einem der größten Grundwasserseen Europas mit geschätzten 45 Milliarden Kubikmetern Volumen im Oberrheingraben. Der große unterirdische Trinkwassersee am Oberrhein ist an vielen Stellen mit Schadstoffen aus Altlasten, aber auch mit Problemstoffen aus der Landwirtschaft, mit Pestiziden und Nitrat belastet. Ob das versalzene Wasser aus den Absetzbecken der Kaliminen, deren Spitze das Breisacher Trinkwasser belastet auch den Landkreis erreicht, ist offen.

Mit zugekauftem „guten“ Wasser, mit mischen, verdünnen und neuen Brunnen wird das Grundproblem des zu großen Düngemitteleintrags in das Grundwasser nur verschoben und nicht gelöst. Nicht die Verursacher und die gut verdienenden Düngemittelkonzerne kommen für die Kosten auf, sondern die Verbraucher und Verbraucherinnen.
Der BUND fordert - zunehmend verärgert - seit Jahrzehnten und leider heute wieder „kontrollieren und sanieren statt verdünnen“ und mehr Anstrengungen der Behörden, um das Grund- und Trinkwasser im Landkreis zu schützen und Bäche, Flüsse und Meere zu entlasten.

Der Wyhler Gemeinderat hat den einfacheren Weg eingeschlagen, wie so viele Gemeinden zuvor.

Doch was interessiert die Wyhler zukünftig ihr Grundwasser, wenn sie ihr Trinkwasser aus Sasbach bekommen, was interessiert die Stuttgarter ihr Grundwasser, wenn sie Bodenseewasser trinken? Nachhaltig und zukunftsfähig sind diese Entscheidungen nicht und immer weniger Stellen am Oberrhein eignen sich für die Grundwasserentnahme.
Der neue Vertrag hat eine Laufzeit bis Ende 2047. Wir sind sehr gespannt, ob tatsächlich echte Sanierungsmaßnahmen angegangen werden. Fortschritte gibt es nur, wenn der Druck etwas zu ändern aufrecht erhalten bleibt.

Axel Mayer, Regionalgeschäftsführer

Wichtiger Nachtrag:
Unsere Landwirtschaft konkurriert auf einem globalisierten Agrarmarkt im Rahmen des Freihandels mit Ländern wie Kanada. Eine immer noch erfreulich kleinräumige Landwirtschaft z.B. in Südbaden, verkauft auf dem gleichen Markt wie die giftdominierte großindustrielle Landwirtschaft in den USA. Wenn nur noch der Preis und die Ideologie des „freien Marktes“ zählen, dann haben Grundwasser, Insekten, Vögel, Hecken aber auch die Mehrzahl der Landwirte selber keine Chancen. Die Naturschutzbewegung ist nicht der Feind der Landwirtschaft, sondern der potentiell Verbündete einer grundwasserfreundlichen, naturnäheren, giftärmeren, nachhaltigen und somit auch moderneren und zukunftsorientierten Landwirtschaft.







Nitrat im Grundwasser am Oberrhein. Eine Untersuchung aus dem Jahr 1997, die in großen Teilen leider immer noch gilt.



Anhang:















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  • 1) Diese regionalen BUND-Internetseiten sind "altmodisch-textorientiert" und manchmal lang. Wir bieten keine modischen Infohäppchen, sondern wenden uns an die kleiner werdende Minderheit, die noch in der Lage ist längere Texte zu lesen und zu erfassen.
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  • 3) Im Zweifel ist die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte immer noch eine gute Quelle zur Orientierung.




















































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Dieser Artikel wurde 4570 mal gelesen und am 12.1.2022 zuletzt geändert.