Urteil: Rhodia Chalampé - Mengenrabatt für Grundwasserverschmutzung?

Nur 7500 Euro Bußgeld für 1200 Tonnen Cyclohexan im Grundwasser

An die Medien im Elsass und in Südbaden

In der vergangenen Woche,
am 21.3.2006, wurde beim Amtsgericht Mulhouse (F) ein wichtiges Urteil in Sachen Umwelt gesprochen. Hintergrund war die gravierende Grundwasserverschmutzung vom Jahreswechsel 2002 – 2003 bei der Rhodia in Chalampé. Unbemerkt war damals die unglaubliche Menge von 1200 Tonnen Cyclohexan ausgetreten und teilweise ins Grundwasser versickert.


Ähnlich skandalös wie der damalige Unfall ist jetzt das Urteil
vom Amtsgericht Mulhouse. Nur 7500 Euro Bußgeld für 1200 Tonnen Cyclohexan im Grundwasser muss die Firma Rhodia jetzt zahlen. Im Vergleich mit Urteilen bei kleinen Umweltstraftaten kann wohl von einem großzügigen "Mengenrabatt" ausgegangen werden. Hätten 1 200 000 Menschen je ein Kilo Cyclohexan versickern lassen oder wären diese 1 200 000 Menschen beim Ablassen von Altöl ins Grundwasser erwischt worden, dann hätte man mit dem Bußgeld vermutlich einen beachtlichen Teil des franzöischen Staatsdefizits abbauen können.

Der eigentliche Skandal war die Zuordnung des Unfalls
zum kleinen Amtsgericht in Mulhouse. Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft im Vorfeld des Verfahrens hatten nicht klären können, ob es bei der Verseuchung nicht auch zu schädlichen Wirkungen für Mensch und Tiere hätte kommen können. Aus diesem Grund handelte es sich nicht etwa um ein Umweltdelikt, sondern nur um eine Bußgeldsache.

Zur Erinnerung:
Mit einem großen Chemieunfall eröffnete der Chemiekonzern Rhodia in Chalampé (F) zum Jahreswechsel 2002 – 2003 das Internationale Jahr des Süßwassers. Kurz vor dem Jahreswechsel meldete die Rhodia den Behörden einen "kleinen" Störfall. Cyclohexan, ein giftiges Lösungsmittel, sei in kleinen Mengen ausgetreten. Die Bevölkerung wurde nicht informiert. Ein Rhodia-Mitarbeiter meldete dann heimlich den Medien, 30 Tonnen seien versickert. Nach heftigen Reaktionen von BUND und Alsace Natur wurde nach und nach die unglaubliche Dimension des Skandals deutlich. Erst wurden 400 Tonnen zugegeben, später gingen die Behörden und das Gericht davon aus, dass bis zu 1200 Tonnen Cyclohexan unbemerkt (!) über einen längeren Zeitraum ausgetreten waren. Das entspricht dem Inhalt der Kesselwagen eines 300 Meter langen Zuges. Und das in einem Betrieb, der stündlich 28 Tonnen Blausäure produziert. 5 Millionen Euro wird die Sanierung der Unfallfolgen die Rhodia nach eigenen Angaben kosten. Ein Streichholz oder Funke hätte zu einer Katastrophe führen können.


Erschreckend ist der harte Umgang der Behörden und Gerichten mit kleinen Umweltsündern

und der freundliche Umgang mit Großverschmutzern wie der Rhodia und der Kali und Salz AG. Wer sich als Umweltverschmutzer teure Anwälte leisten kann, kommt meistens ungeschoren oder mit einem "Mengenrabatt" davon.

Axel Mayer / BUND Regionalgeschäftsführer

[artikel=IMPORT: Umzug]

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20.1.2011
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