Mais, Maiswurzelbohrer, Bienen, Bienensterben und Grundwasser: Pleiten, Pech und Umweltbelastung

Maiswurzelbohrer verdrängt Nessie aus dem Sommerloch
29. Juli 2009
In früheren Jahren tauchte regelmäßig im journalistischen Sommerloch das Ungeheuer von Loch Ness, auch Nessie genannt, aus dem See in Schottland auf. Ähnlich regelmäßig, allerdings wesentlich realer, finden sich jetzt in jedem Sommer Exemplare des Maiswurzelbohrers, des Maisschädlings, der im jeweils vorangegangenen Jahr mit Giftduschen, giftig gebeiztem Saatgut und nicht immer ganz bienenfreundlich „erfolgreich ausgerottet“ wurde. Wir wollen nicht in jedem Sommer die Presseerklärung des letzten Jahres aus der Schublade holen. Wir möchten aber daran erinnern, dass wir seit der Einschleppung des Schädlings darauf hinweisen, dass der Maiswurzelbohrer nicht ausgerottet werden kann und dass in der Schweiz der Schädling erfolgreich und giftfrei mit Fruchtfolgen in Schach gehalten wird.

Axel Mayer



Mais, Maiswurzelbohrer, Bienen und Grundwasser: Pleiten, Pech und Umweltbelastung



Nach der Bienenvergiftung am Oberrhein, ausgelöst durch die falsch angewendete Bayer - Saatgutbeize Clothianidin (Poncho Pro) gegen den Maiswurzelbohrer, sollen zumindest die Imker jetzt entschädigt werden, kündigte der zuständige und verantwortliche Minister Hauk gestern im Landtag an.

Dies ist nicht mehr als eine Selbstverständlichkeit meint BUND Geschäftsführer Axel Mayer vom BUND Regionalverband Südlicher Oberrhein, einer der am stärksten betroffenen Regionen. Nicht entschädigt und eigentlich auch nicht entschädigbar sind die Verluste an anderen Wildtieren und eventuelle Schäden auch im Obstbau.


Bienensterben = Bienenvergiftung

Zur Zeit werden öffentlich nur die Probleme dieses Jahres diskutiert, doch die kurze Geschichte des Maiswurzelbohrers in Südbaden und dem Elsass ist eine Geschichte von Pleiten, Pech und Umweltbelastungen, die der BUND seit dem ersten Auftreten des „Jet Set Beetle“ am Euroairport Basel Mulhouse kritisch begleitet hat. hier: mehr Infos Maiswurzelbohrer

Als der Käfer im Jahr 2003 im Elsass erstmalig gesichtet wurde versprühten Hubschrauber 1,5 Tonnen des Gifts "Karate". Hinter dem Begriff Karate verbergen sich die besonders giftigen Pyrethroide. Beim Menschen lösen sie Übelkeit, Herzrasen und Atembeschwerden aus. In „abgespritzten“ Kleingewässern starben die Fische. Aufgebrachte Menschen im Elsass veranstalteten mit aufgespannten Schirmen eine Kundgebung gegen die Giftdusche.

Eine massiver Gifteinsatz zur Abwehr des Käfers an der deutschen Grenze hat, wie vom BUND nicht anders erwartet, nichts gebracht. Im Jahr 2007 wurden die ersten Exemplare des Maiswurzelbohrers auf der badischen Rheinseite entdeckt und mit dem umstrittenen Insektengift Biscaya bekämpft. Biscaya wurde in einem Notverfahren am 31.7.2007 erst für den Einsatz gegen den Maiswurzelbohrer zugelassen.. Es gibt ein Verbot des menschlichen Verzehrs bei drei Spritzungen...

Einen kritischen Beitrag von der Internetseite des Imkerbundes zum Thema Saatgutbeize Clothianidin unter der Überschrift „Der Maiswurzelbohrer kommt, die Biene geht?“ vom 6.03.2004 hatten auch wir vor Jahren auf unserer Seite veröffentlicht. Die Behörden, Politiker, aber auch die Landwirte hätten gewarnt sein müssen...doch der Einfluss der Agrochemielobby ist „ein wenig ausgeprägter“ als der der Umweltorganisationen.

Vorbild Schweiz? Dort wurde und wird der Maiswurzelbohrer ohne Gifteinsatz mit Fruchtfolge bekämpft. Eine erweiterte Fruchtfolge ist eine wirksame und nachhaltige Bekämpfungsmaßnahme. Die Vermeidung des Anbaus von Mais nach Mais führt beim Schlupf der überwinterten Eier im Frühjahr dazu, dass die auf Mais angewiesenen Larven keine Nahrung vorfinden und absterben. Im Elsass und in Baden brächte eine Fruchtfolge ohne Entschädigung wirtschaftliche Probleme für die Landwirte, die stark auf die Monokultur Mais ausgerichtet sind. Daran ist vor allem eine verfehlte Subventionspolitik in der Vergangenheit schuld: Bis zur Entkopplung der Direktzahlungen von der Produktion im Jahr 2005 wurde von der EU für Maisanbau mehr Geld bezahlt als für jede andere Kultur. In der Schweiz erhalten die Landwirte für gute Produkte mehr Geld als in der EU. Das ermöglicht auch sinnvolle Maßnahmen wie Fruchtfolgen. Die zwischenzeitlich stark verbesserte Erzeugerpreise für Getreide und anderen Feldfrüchten in Deutschland sollten eine Fruchtfolge auch bei uns möglich machen, auch wenn die am Maiswurzelbohrer gut verdienende Chemieindustrie gerne anderes erzählt.

Warum diese Unterschiede von Land zu Land am Oberrhein? In einer Richtlinie der EU wird der Maiswurzelbohrer unter den Schadorganismen als sogenannter Quarantäneschadorganismus eingestuft. Danach muss im Befallsjahr eine Befallszone von mindestens einem Kilometer Radius rund um ein Feld, in dem der Schadorganismus festgestellt wurde, und eine Sicherheitszone von mindestens fünf Kilometer Radius um die Befallszone ausgewiesen werden. Die umweltschädlichen Bekämpfungsmaßnahmen sind auf diese EU-Richtlinie zurückzuführen, die eine Zurückdrängung des Maiswurzelbohrers erreichen will.

Doch die Annahme einer möglichen Ausrottung ist unrealistisch. Aus den USA eingeschleppt, vermutlich durch ein Flugzeug im Rahmen der letzten Balkankriege, ist der Schädling in Osteuropa und Österreich nicht mehr ausrottbar und breitet sich aus. Auch in der Schweiz hat der Maisschädling die Alpen überschritten. "Militärisch anmutende, umweltschädliche Abwehrschlachten mit Insektiziden und giftigen Beizen können das Auftreten des Käfers verzögern, aber nicht verhindern," sagt BUND Geschäftsführer Axel Mayer.

Der Maiswurzelbohrer sollte nach Ansicht des BUND mit Fruchtfolgen bekämpft werden, wie dies auch in der Schweiz geschieht. Wenn Minister Hauk dem widerspricht, dann zeigt sich darin ein rückwärtsgewandter Fortschrittsglaube.

Der BUND hatte bereits in der Vergangenheit auf die Folgen des bisherigen Dünger- und Pestizideinsatzes beim Maisanbau und auf die massiven Folgen und Belastungen für das Grundwasser hingewiesen.

Schon der bisherige Anbau von Mais in der Rheinebene zeigt sich in einer flächenhaften Nitrat-Belastungsfahne im Elsass und in Südbaden. Durch die weitere chemische Bekämpfung des neuen Schädlings auf Grund nicht mehr zeitgemäßer EU-Erlasse könnte sich dieses Problem noch weiter verschärfen. Der verstärkte Pestizideinsatz und das Bienensterben, für das die Saatguthersteller die Verantwortung tragen, hat die Akzeptanz für die Maismonokulturen, nicht nur am Oberrhein, noch weiter gesenkt.
Axel Mayer / BUND Geschäftsführer