An die schweizer-deutschen Medien
Der Streit um die grenzüberschreitenden Landeanflüge beim Flughafen Zürich beschäftigt die Menschen auf beiden Seiten des Hochrheins und manchmal wird auch mit harten Bandagen gekämpft.
In der Sonntagszeitung Schweiz vom 10.11.02 war jetzt ein lesenswerter Bericht über die Werbeagentur, die im Hintergrund an den Fäden zieht und Meinung macht:
Zitat:
"Als bekannteste «Public Affair»-Spezialistin gilt Burson-Marsteller. Die weltweit tätige US-Agentur lobbyierte im Auftrag des Flughafens Zürich gegen den Staatsvertrag. Ungewohnt aggressiv, wie Parlamentarier kolportieren. Die Agentur soll sogar das Mittel des Gerüchts eingesetzt haben, um Moritz Leuenberger zu diskreditieren: «Der Verkehrsminister schloss die Verhandlungen in Berlin so zügig ab, weil er in Zürich einen Kulturanlass besuchen wollte.»"
Zitatende
Burson-Marsteller(B-M) heißt der Global Player in Sachen Public Relations und käuflicher öffentlicher Meinung. Die weltweit führende Beratungsfirma auf dem Gebiet der strategischen Kommunikation beschäftigt weltweit mehr als 2200 Werbefachleute in 35 Ländern und erzielte 1999 einen Honorarumsatz von 275 Millionen US-Dollar. Die Firmenleitung versteht "Kommunikation als Instrument, durch Überzeugung Verhaltensweisen herbeizuführen, die zum wirtschaftlichen Erfolg der Kunden führen". Burson-Marsteller berät alle, die es nötig haben und die über das erforderliche Kleingeld verfügen. Seriöse und weniger seriöse Großkonzerne, Diktaturen, Militärmachthaber, Firmen, die Umweltkatastrophen kleinreden wollen und eben alle, die Geld haben und jetzt eben auch den Flughafen Zürich. Aus einem internen Papier für den europäischen Gentechverband Europa Bio geht hervor, wie die Bevölkerung an die Gentechnik gewöhnt werden soll. Der Industrie wird empfohlen, Diskussionen über sogenannte "killing fields" (Schlachtfelder), die realen Umwelt- und Gesundheitsrisiken der Gentechnologie, zu vermeiden. Nicht etwa die Gefahren, sondern nur die Chancen der Gentechnik sollen diskutiert werden. Die Medien, vor allem die Privatsender, sollen regelrecht zu neuen Marketinginstrumenten umgeformt werden.
Greenpeace hat Auszüge aus dem weltweiten Wirken von Burson-Marsteller zusammengetragen:
"Nach der Chemiekatastrophe in Bhopal im Jahr 1984, bei der schätzungsweise 2000 Menschen starben und 200 000 verletzt wurden, setzten sich B-M-Mitarbeiter und die Verursacherfirma Union Carbide zum Krisenmanagement zusammen und erarbeiteten Konzepte für die PR-Strategie. B-M berät u.a. weltweit Diktaturen und führt Imagekampagnen durch, damit Staatsterror, Massaker und Gräueltaten nicht zu wirtschaftlichen Nachteilen und Sanktionen für die betreffenden Staaten führen. Dies geschah in der Vergangenheit u.a. in Osttimor (Indonensien) und Argentinien. 1990 wurde B-M für die amerikanische Firma Dow Corning Inc. aktiv, deren Silikon-Brustimplantate teilweise geplatzt waren und im Verdacht standen Brustkrebs auszulösen. Auch für britisches Rindfleisch in Zeiten von BSE entwarf die Firma Werbekampagnen."
Die Global News berichten, dass B-M die nigerianische Regierung während des Biafra-Krieges beriet, um Berichten über Völkermord in den Medien entgegenzuwirken. Nach der Reaktorkatastrophe von Three-Mile-Island durfte die Agentur das angekratzte Image der Betreiberseite aufpolieren. Auch der Ölriese Exxon griff nach dem Tankerunglück vor Alaska auf die Dienste von Burson-Marsteller zurück. Auch für Stuttgart 21 war B-M kurzzeitig aktiv. Mit Burson-Marsteller ist also wirklich eine Firma mit "internationalen Erfahrungen" für den Flugplatz Zürich aktiv. Die wenigen internen Papiere, die an die Öffentlichkeit gelangen, sind vermutlich nur die Spitze des Eisbergs der legalen Manipulation und käuflichen Desinformation. Kunde von B-M könnte selbstverständlich auch der BUND oder die Bürgerinitiativen gegen Fluglärm am Hochrhein sein, wenn sie so viel Geld hätte wie der Flugplatz Zürich. Meinung, Öffentlichkeit und Image sind, wie so vieles heute, käuflich.
Die inhaltliche Auseinandersetzung mit Greenwash, Akzeptanzforschung und Werbefirmen wie Burson-Marsteller muss offensiv geführt werden. Staatsverträge dürfen nicht durch gezielt gestreute Gerüchte verhindert werden. Wenn der Meinungsstreit, den die Demokratie braucht, in die Hände von Werbeagenturen fällt, dann ist die Demokratie in Gefahr. Der lesenswerte Artikel der Sonntagszeitung (CH) zeigt die Probleme auf.
[artikel=IMPORT: Umzug]