08.04.2019
Schottergarten & Kiesgarten: Eine BUND-Kritik
Es ist erstaunlich:
In Zeiten des Klimawandels werden die Autos größer und spritfressender und während intensiv über das große Insektensterben diskutiert wird nimmt die Verödung der Vorgärten zu.
Viele Jahrtausende sind Menschen über Äcker gegangen und haben Steine gelesen und zu Haufen geschichtet um Felder fruchtbar zu machen. Das hat unsere Landwirtschaft und Kultur geprägt. Die beeindruckenden Lesesteinhaufen und Steinmauern der Schwäbischen Alb, von Südfrankreich bis Tibet, wurden über Generationen hinweg an den Rändern der Äcker, Wiesen und Wälder gebildet und zugleich als Abgrenzung der Flächen genutzt.
Heute erleben wir, wie ein neuer Gartentrend dafür sorgt, dass Schotter und Kies in Vorgärten gekippt wird und sich Vorgärten in "Gärten des Grauens" verwandeln. Schon der Begriff "Garten" ist falsch. Ein Schottergarten ist nicht einmal eine Wüste, denn die Wüste lebt.
"Pflegeleicht" ist das Stichwort für diesen insekten- und naturfeindlichen, trostlosen Gartentrend, doch pflegeleicht sind solche Schottergärten und Kiesgärten meist nur für kurze Zeit. Nach wenigen Jahren sammelt sich schwer entfernbares Laub und das aufkommende, unvermeidbare Grün wird mit häufig mit umweltfeindlichen Herbiziden bekämpft. Und haben Sie schon einmal versucht eine zerdepperte Bierflasche aus einem "pflegeleichten" Schottergarten zu entfernen?
So besteht durchaus Hoffnung, dass dieser Modetrend kippt und in einigen Jahren die Versteinerung der Vorgärten endet.
Axel Mayer, BUND-Geschäftsführer
Einen klugen Beitrag zu diesem Thema finden Sie hier.
Schottergärten verbieten?
Schottergärten & Kiesgärten sind naturfremd und unökologisch. Aber sollten wir sie verbieten? Ich selber bin dafür Verbote als Ultima Ratio, als letztes Mittel bei wirklich großen Umweltgefahren einzusetzen. Es war gut, wichtig und richtig Asbest, DDT und FCKW´s zu verbieten. Es ist nötig menschengefährdende Atomkraftwerke und Atomwaffen, insektenmordende Neonicotinoide, klimagefährdende Kraftwerke, Agrargifte in Gärten, unsoziale CUM-EX-Geschäfte, Antibiotika in der Tiermast und Patente auf Leben zu verbieten. Wir sollten uns auf beim Thema Verbote auf die wirklich großen Gefahren und die großen Umweltvergifter konzentrieren. Wir schwer das fällt zeigt eine der größten Niederlagen der Umweltbewegung, das viel zu spät gekommene Asbest-Verbot. Das industriegelenkt-verspätete Asbest-Verbort hat hunderttausende von Opfern gekostet und die heute immer noch eingesetzte Antibiotika in der Tiermast könnte ähnlich verheerende Folgen haben.
Bei Themen wir Schottergärten sollten wir erst einmal versuchen mit Vernunft zu argumentieren. Schottergärten sind scheußlich, es geht aber keine Gefahr von ihnen aus. Bei "Kleinthemen" lassen sich Verbote viel schneller umsetzen als dort, wo wir Verbote gegen die Mächtigen durchsetzen müssen, doch es ist nicht unsere Aufgabe den einfacheren Weg zu gehen.
Ein persönlicher Meinungsbeitrag von Axel Mayer
Vom Landesnaturschutzverband Baden-Württemberg stammt die folgende Presseerklärung:
„Schottergärten sind illegal / Schottergärten für Tiere so wertlos wie ein Aldi-Parkplatz
Schottergärten sind für die Natur wertlos –und zugleich ein Verstoß gegen die Landesbauordnung. Darauf weist der Landesnaturschutzverband Baden-Württemberg (LNV) in einem Brief hin, den er im Vorfeld seiner Tagung „Zukunftsforum Naturschutz“ in Stuttgart an das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau geschickt hat. „Tausende Gärten in Baden-Württemberg widersprechen geltendem Recht. Schottergärten sind illegal. Die Landesbauordnung schreibt vor, dass unbebaute Flächen als ‚Grünflächen‘ anzulegen oder anderweitig zu begrünen sind. Graue Schotterwüsten erfüllen diese Vorgabe nicht“, erklärt der LNV-Vorsitzende Dr. Gerhard Bronner. „Wir fordern das Wirtschaftsministerium auf, die Baurechtsbehörden explizit auf diesen Sachverhalt hinzuweisen und die Einhaltung der Verordnung sicherzustellen. “Der LNV regt darüber hinaus an, das Verbot von Schottergärten zukünftig auch explizit in Bebauungsplänen aufzuführen. Das schaffe ein Bewusstsein für die Rechtslage und stelle sicher, dass Bauherren über die Regelung informiert sind."
Im Gegensatz zu echten Steingärten, die natürliche Lebensräume nachbilden und Wildpflanzen, Eidechsen, Insekten und Spinnen beherbergen, sind moderne Schottergärten in aller Regel biologisch tot. Üblicherweise wird der Boden abgetragen und mit einem halben Meter Schotter befüllt, in dem keine Pflanzen wurzeln können. Um die vermeintlich leicht zu pflegenden Gärten noch steriler zu machen, wird oftmals eine Abdeckung unter dem Schotter eingebracht und die Fläche somit quasi versiegelt. Auch vereinzelte Pflanzen wie Thuja oder Kirschlorbeer werten solche Gärten nicht auf, da heimische Tiere mit diesen nicht heimischen Pflanzen fast nichts anfangen können. Steinwüsten schaden der Natur und dem Stadtklima. „Für Tiere und Pflanzen ist ein Schottergarten in etwa so attraktiv wie der asphaltierte Parkplatz vor dem Aldi“, sagt Bronner. Mit dem Parkplatz haben Schottergärten einen weiteren Nachteil gemeinsam: Im Sommer speichern beide Flächen die Sonnenwärme und tragen so zur Überhitzung der Städte bei, anstatt als grüne Lunge die Folgen des Klimawandels abzumildern und temperaturausgleichend zu wirken.„Angesichts der vielerorts nach wie vor großen Baugrundstücke ist es unverantwortlich, zusätzlich zur Bebauung auch noch die verbleibenden Freiflächen dazwischen zu versiegeln“, sagt Bronner. „Schottergärten sind ein Angriff auf die Lebensqualität –für uns Menschen genauso wie für Pflanzen und Tiere.
Auszug aus der Landesbauordnung Baden-Württemberg:
§9 Nichtüberbaubare Flächen der bebauten Grundstücke.
Die nicht überbauten Flächen der bebauten Grundstücke müssen Grünflächen sein, soweit diese Flächen nicht für eine andere zulässige Verwendung benötigt werden. Ist eine Begrünung oder Bepflanzung der Grundstücke nicht oder nur sehr eingeschränkt möglich, so sind die baulichen Anlagen zu begrünen, soweit ihre Beschaffenheit, Konstruktion und Gestaltung es zulassen und die Maßnahme wirtschaftlich zumutbar ist.
Linkliste:
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Axel Mayer, BUND-Geschäftsführer
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- 3) Im Zweifel ist die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte immer noch eine gute Quelle zur Orientierung.