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Schwerer Störfall bei der Rhodia (F) muss Konsequenzen haben

15.01.2003
Offener Brief von BUND und Alsace Nature

An den Präfekten Paul Masseron und den Regierungspräsidenten Dr. Sven von Ungern-Sternberg

Präfekt Paul Masseron
7, rue Bruat
B.P. 489
F-68020 COLMAR Cedex
FAX: +33-389-23 36 61

Regierungspräsident Dr. Sven von Ungern-Sternberg
Kaiser-Joseph-Straße 167,
79098 Freiburg i.Br.
FAX: +49-761-2081046

OFFENER BRIEF

Unfallserie bei der Rhodia in Chalampé

Sehr geehrter Herr Präfekt,
sehr geehrter Herr Regierungspräsident,

der erneute Störfall bei der Rhodia Ende des vergangenen Jahres hat die Bevölkerung auf beiden Rheinseiten zutiefst beunruhigt. Wir halten die Ängste der Menschen für berechtigt und teilen deren Sorgen. Aus diesem Grund wenden sich die Umweltverbände BUND und Alsace Nature heute mit einem dringenden Anliegen an Sie.

Bei dem Unfall im Chemiewerk Rhodia (F) in Chalampé (Elsass) am 17. Dezember 2002 sind nach jetzigem Wissensstand mindestens 800 Tonnen Cyclohexan ausgetreten. 800 Tonnen entsprechen ungefähr dem Inhalt von 13 großen Kesselwagen der Deutschen Bahn mit einer gesamten Zuglänge von 208 Meter. Dies ist eine Menge, die selbst wir zunächst nicht glauben konnten. (Inzwischen gilt die Menge von 1200 Tonnen las bestätigt, das entspräche einer Zuglänge von 300 Metern.) Allein schon die Tatsache, dass es zum Austritt einer solch großen Menge dieses Giftstoffes kommen konnte, ist ein Skandal. Noch skandalöser ist jedoch die Öffentlichkeitsarbeit der Firmenleitung. Das wahre Ausmaß des Unfalls und die damit einhergehende Gefährdung der Bevölkerung wurde und wird offensichtlich weiterhin verschleiert und verharmlost. Anders lässt sich auch die Aussage der Firmenleitung nicht interpretieren, sie habe die Bevölkerung vor Weihnachten nicht beunruhigen wollen.

Angesichts folgender Tatsachen halten BUND und Alsace Nature dieses Vorgehen der Firma Rhodia für unverantwortlich:

Von der Chemieanlage in Chalampé geht eine enorme Katastrophengefahr aus. Unseres Erachtens besteht – anders als dies die Firmenleitung darstellt - bei einem solchen Unfall wie im Dezember 2002 ein ganz erhebliches Explosionsrisiko. Wenn sich nur ein Teil der mehr als 800 Tonnen Cyclohexan entzündet hätte, wäre es zu einer gigantischen Explosion gekommen - und das in einer Industrieanlage, in der u.a. auch große Mengen Blausäure produziert werden.

Gleichzeitig haben dieser Zwischenfall und weitere Unfälle in der Vergangenheit offenbart, wie schlecht die Sicherheitsvorkehrungen in der Firma Rhodia sind. Es ist für uns nicht nachvollziehbar, dass der Austritt solcher Mengen Cyclohexan und der damit einhergehende Druckabfall in den Leitungen nicht bemerkt wurden. Wir halten es für unerklärlich, dass anscheinend Auffangwannen fehlen.

Angesichts dieses Gefahrenpotentials, des überaus mangelhaften Störfallmanagements und der verheerenden Informationspolitik des Unternehmens fordern BUND und Alsace Nature:

Die veraltete Technik der Rhodia (F) muss schnellstmöglich auf den neuesten Stand gebracht werden. Dazu müssen auch unabhängige, kritische Experten von außen hinzugezogen werden.

Es muss eine genaue Unfallanalyse durchgeführt werden, die auch die Unfälle der vergangenen Jahre mit einbezieht.

Die Informationspolitik der mit gefährlichen Stoffen arbeitenden Firmen in der Rheinregion muss verbessert werden. Hierzu ist zu prüfen, inwieweit eine Strafandrohung bei Nichtbeachtung möglich ist.

Die Sicherheitsvorkehrungen müssen seitens der zuständigen Behörden streng überprüft und kontrolliert werden.

Es bedarf dringend eines grenzüberschreitenden Sicherheitskonzeptes, dass nicht nur die Firma Rhodia einbezieht, sondern sämtliche mit gefährlichen Stoffen arbeitenden Chemieanlagen in der Region, damit Katastrophenschutz und Feuerwehr im Ernstfall auch grenzüberschreitend schnell handeln können.

Im vorliegenden Fall haben unseres Erachtens nicht die Behörden versagt, sondern die Firmenleitung von Rhodia (F), die anscheinend mit sträflichem Leichtsinn agiert hat. Dennoch bitten wir Sie als die zuständigen Behörden hiermit nachdrücklich, unsere Forderungen zu prüfen und sie im Interesse und für die Sicherheit der Menschen auf beiden Rheinseiten möglichst rasch umzusetzen.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Brigitte Dahlbender






Mehr Informationen über die Rhodia / Rhône-Poulenc, über gefährliche Pleiten, Pech, Pannen, Störfälle und Umweltverschmutzung finden Sie mit Hilfe der Suchfunktion auf der BUND Homepage.


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Dieser Artikel wurde 4000 mal gelesen und am 31.10.2008 zuletzt geändert.