Stuttgart 21: Kosten, Artenschutz, Eidechsen & Propaganda
Wie die Bahn mit einem 0,2 % "Fürzchen" einen großen Medien-Ballon aufbläst
Die Bahn kalkuliert bei Stuttgart 21 mit Kosten von 8,2 Milliarden Euro. Darin enthalten ist ein Risikopuffer von rund 500 Millionen Euro, die eigentlichen Projektkosten liegen bei 7,7 Milliarden Euro. Bislang war der Finanzierungsrahmen inklusive Puffer auf 6,5 Milliarden Euro taxiert worden.
Im Jahr 2007 sollte das Projekt noch 2,8 Milliarden Euro kosten.
Beim betrügerischen Volksentscheid über das Protzprojekt wurden der Öffentlichkeit noch 4,5 Milliarden Kosten versprochen. Die Bahn hat also ein PR-Problem.
Schon früher hat das Unternehmen schon mit der "besten und umstrittensten" PR-Agentur der Welt, mit Burson Marsteller zusammengearbeitet, z.B. um die
Bürgermeisterwahl in Stuttgart in ihrem Sinne zu manipulieren.
Jetzt geht es der Bahn darum, von den tatsächlichen Ursachen der Kostenexplosion abzulenken.
Die neue, geschickte und erfolgreiche PR-Strategie der Bahn ist es, mit den Kosten für den Artenschutz, vom eigenen Versagen und von den tatsächlichen Gründen der Kostensteigerung abzulenken. Kosten aus einer kleinen Nische des Projekts werden durch geschickte PR in den Medien gezielt aufgeblasen, um abzulenken. Sätze wie "Die Umsiedlung von Eidechsen kostet die Bahn ca. 15 Millionen Euro und verzögert Bauarbeiten am Projekt Stuttgart 21" stehen
immer wieder in den Medien. Die PR-Abteilung der Bahn weiß, dass sich niemand vorstellen kann, wie viel 8,2 Milliarden Euro (8.2600.000.000) im Vergleich mit den 15 Millionen sind. Die knapp 0,2 % Umsiedlungskosten machen fette Schlagzeilen, die von Umweltschützern vorhergesagten Probleme beim Anhydrit eher nicht. Der Bundesrechnungshof geht inzwischen von Kosten in Höhe von zehn Milliarden Euro (10.000.000.000) aus. Die aktuellen PR-Kampagnen sind zu gut durchdacht für die bürokratische alte Deutsche Bahn. Wir sind gespannt welche PR-Agentur hinter der Eidechsen & Juchtenkäfer S21 Ablenkungskampagne stecken.
Von badischen und schwäbischen Eidechsen
Mit einer besseren Planung der Artenschutzmaßnahmen ließen sich
diese Kosten massiv senken, sagen Experten.
Es stellt sich schon die Frage, warum die Umsiedlung von "badischen" Eidechsen auf der
Rheintaltrasse der Bahn viel günstiger ist, als bei der Umsiedlung "schwäbischer" Eidechsen bei Stuttgart 21. Die Kritik der Bahn an den Artenschutzkosten fällt auf das Unternehmen selber zurück. Es mangelt an kostensparender Planung und am Controlling.
Dennoch muss auch die Umweltbewegung über manchmal übertrieben teure Artenschutzkosten diskutieren und auf vernünftig-preisgünstige Lösungen drängen, insbesondere in einer Zeit, in der Behörden ein massives Interesse an möglichst
teuren Ausgleichsmaßnahmen haben und die Bahn den Artenschutz gezielt zum Buhmann macht um vom eigenen Versagen abzulenken.
Die gezielt geführte, postfaktische Nischendiskussion
passt gut in die Zeit und die aktuellen PR-Strategien großer Unternehmen. So schafft es die Kohle- und Pro-Klimawandellobby, die Windräder verhindern will, dass im Schwarzwald mehr über
Infraschall von Windrädern als über realen Motorradlärm diskutiert wird. Aus dem gleichen Grund sind 100.000 Vögel die jährlich in Deutschland an Windrädern sterben ein mediales Großthema, nicht aber die
18 Millionen Vögel, die gegen Glasscheiben fliegen und sterben. Und die PR-Agenturen der Agrochemielobby sind intensiv dabei, von den
Hauptursachen des Insektensterbens, von Gift & Dünger abzulenken und die veröffentlichte Meinung geschickt auf Nebenursachen zu lenken. Das "schönste" aller Ablenkungsmanöver ist der Nistkasten für Wanderfalken am Kühlturm des AKW Leibstadt. Erfolgreich wird das positive, naturnahe Image des Wanderfalken auf das gefährliche, alte AKW übertragen.
Die Umweltbewegung, aber auch die Medien, setzen sich zu wenig mit den neuen, geschickten Durchsetzungsstrategien auseinander.
Axel Mayer, BUND-Geschäftsführer