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Urberg: Umweltzerstörung durch Erweiterung des Steinbruches gestoppt! Firma Knauf-Marmorit GmbH, Bollschweil

02.04.2014

Urberg: Umweltzerstörung durch Erweiterung des Steinbruches gestoppt! Firma Knauf-Marmorit GmbH, Bollschweil

Ein guter Tag für den Natur- und Artenschutz – Keine Steinbrucherweiterung am Urberg



Juristischer Erfolg des BUND-Landesverbandes Baden-Württemberg, der BUND-Ortsgruppe Schönberg und der Bürgerinitiative „Bürger für den Urberg“ für den Natur- und Artenschutz: Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg hat den Berufungsantrag der Firma Knauf Marmorit GmbH gegen ein Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg zurückgewiesen. Die Firma hatte ursprünglich ihren Steinbruch am Urberg bei Bollschweil erweitern wollen, der BUND-LV reichte für die BUND-Ortsgruppe Schönberg und der Bürgerinitiative „Bürger für den Urberg“ Klage gegen dieses Vorhaben ein. Durch die Zurückweisung des Berufungsantrags ist das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg von Ende Dezember 2012 nun endgültig rechtskräftig. Der Abbau von Kalk am Urberg ist damit endgültig gestoppt und die Freude vor Ort ist groß.

Stuttgart. „Dies ist ein guter Tag für den Natur- und Artenschutz am Südlichen Oberrhein und für ganz Baden-Württemberg“, kommentiert BUND-Landesvorsitzende Dr. Brigitte Dahlbender den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg, „es ist nun gerichtlich bestätigt: Natur- und Artenschutz sind ein ebenso wichtiges öffentliches Interesse wie die Rohstoffsicherung. Das wird sich weit über den Urberg hinaus auf andere Bauprojekte auswirken.“

Zukünftig werden Ausnahmen vom Natur- und Artenschutz viel strenger geprüft werden müssen. „In einer Zeit, in der Regierungsmitglieder wie Staatssekretär Murawksi öffentlich zur Missachtung von geltendem Artenschutzrecht aufrufen, ist der VGH-Beschluss ein wichtiges Signal“, so Dahlbender.

In seinem Beschluss bestätigt der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg (VGH) die Urteilsbegründung des Verwaltungsgerichts Freiburg und damit die Einwände des BUND auf ganzer Linie. Die geplante Steinbrucherweiterung verstößt gegen maßgebliche Vorschriften des Habitats-, Arten- und Landschaftsschutzes. Die Gerichte sehen in der immissionsschutzrechtlichen Änderungsgenehmigung schwerwiegende Abwägungsfehler des Regierungspräsidiums Freiburg. „Das ist eine deftige Rüge für das Regierungspräsidium: Zum einen wurde die Beeinträchtigung von Naturräumen, Tieren und Pflanzen heruntergespielt, zum anderen das sogenannte überwiegende öffentliche Interesse an der Rohstoffgewinnung zu stark gewichtet“, fasst Dahlbender die gerichtliche Begründung zusammen.

Laut VGH-Beschluss fehlt es an der der konkreten und nachweisbaren Feststellung zwingender Gründe für das öffentliche Interesse am Kalksteinabbau am Urberg. Das Regierungspräsidium habe sich ohne ausreichende Prüfung die Argumente des Unternehmens zu Eigen gemacht und auf eine eigene, unabhängige Abwägung verzichtet.

Brigitte Dahlbender dankte den Aktiven der BUND-Ortsgruppe Schönberg und der Bürgerinitiative „Bürger für den Urberg“ für ihr Engagement. „Ihre auf guter Sachargumentation basierende Beharrlichkeit in den vergangenen zehn Jahren hat sich ausgezahlt“, so die BUND-Landesvorsitzende.



09.01.2013


Urberg: Umweltzerstörung durch die Erweiterung des Steinbruches am Urberg, Firma Knauf-Marmorit GmbH, Bollschweil

Verwaltungsgericht Freiburg gibt Klage des BUND statt


Ein guter Tag für den Natur- und Artenschutz – Keine Steinbrucherweiterung am Urberg

Ende Dezember hat das Verwaltungsgericht Freiburg der Klage des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), Landesverband Baden-Württemberg, gegen die immissionsschutzrechtliche Änderungsgenehmigung des Regierungspräsidiums Freiburg für die Erweiterung des Steinbruchs am Urberg bei Bollschweil stattgegeben. Damit ist der Abbau von Kalk am Urberg vorerst gestoppt.

Bollschweil/Freiburg. „Dies ist ein guter Tag für den Natur- und Artenschutz am Südlichen Oberrhein und für ganz Baden-Württemberg“, kommentiert BUND-Landesvorsitzende Dr. Brigitte Dahlbender das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg, „es ist nun gerichtlich erwiesen: Natur- und Artenschutz sind kein überflüssiger Luxus und kein zweitrangiges Recht, sondern stehen gleichberechtigt neben den öffentlichen Interessen der Rohstoffsicherung.“ Brigitte Dahlbender dankte den Aktiven der BUND-Ortsgruppe Schönberg und der Bürgerinitiative „Bürger für den Urberg“ für ihr Engagement. „Ihre auf guter Sachargumentation basierende Beharrlichkeit hat sich ausgezahlt“, so die BUND-Landesvorsitzende.

Dr. Frank Baum vom BUND-Regionalverband Südlicher Oberrhein und Dieter Kügele von der BUND-Gruppe Schönberg freuen sich gemeinsam mit der Bürgerinitiative „Bürger für den Urberg“ über das Urteil und sehen einen großen Erfolg der über zehnjährigen ehrenamtlichen Arbeit zum Schutz der Natur am Schönberg: „Das Verwaltungsgericht bestätigt unsere Positionen auf der ganzen Linie. Unsere Arbeit in den letzten zehn Jahren, die naturschutzfachlichen Erhebungen, die fachlichen Stellungnahmen, die Auseinandersetzungen mit den Behörden haben sich letztlich also doch gelohnt. Unser Dank gilt dabei auch allen ehrenamtlich Aktiven, die uns in den langen Jahren tatkräftig unterstützt haben.“

Nach dem Urteil des Verwaltungsgerichts verstößt die geplante Steinbrucherweiterung gegen maßgebliche Vorschriften des Habitats-, Arten- und Landschaftsschutzes. Das Gericht sieht in der Änderungsgenehmigung schwerwiegende Abwägungsfehler des Regierungspräsidiums Freiburg. „Zum einen wurden die Beeinträchtigungen von Naturräumen und Arten heruntergespielt, zum anderen das sogenannte überwiegende öffentliche Interesse an der Rohstoffgewinnung zu stark in der Abwägung gewichtet“, fasst Ursula Philipp-Gerlach, vom BUND beauftragte Rechtsanwältin, die Urteilsbegründung zusammen.

So bemängelt das Gericht beispielsweise, dass die Beeinträchtigungen für den Lebensraumtyp Waldmeister-Buchenwald und die Bechsteinfledermaus fälschlicherweise und fehlerhaft nur am unteren Rand des Erheblichkeitsspektrums eingestuft wurden. Als weiteren Fehler sehe das Gericht auch an, dass das Regierungspräsidium Freiburg den Kalksteinabbau nur als temporäre Beeinträchtigung bewertet habe. Dabei würden zumindest Jahrzehnte vergehen, bis die gerodeten Flächen wieder mit Hochwald bewachsen sind und bis Altholz, Totholz und Baumhöhlen wieder zur Verfügung stehen. Aus diesem Grund hätte die Beeinträchtigung auch nicht als niedrig eingestuft werden dürfen.

Auf der anderen Seite fehlt es laut Verwaltungsgericht an der Feststellung zwingender Gründe des öffentlichen Interesses am Kalksteinabbau. Das Regierungspräsidium sei davon ausgegangen, dass das abgebaute Kalkgestein und der produzierte Kalk aktuell benötigt werden. Dass das Werk tatsächlich zur Kalkversorgung beitragen und dadurch Arbeitsplätze gesichert würden, wurde nicht in Frage gestellt, obwohl schon zum Zeitpunkt der Genehmigung ernsthafte Zweifel daran bestanden, ob aufgrund der wirtschaftlichen Lage auch in Zukunft am Urberg noch Kalkstein abgebaut wird, so das Gericht. Je weiter jedoch die Unsicherheiten reichen, desto geringer wiegt das öffentliche Interesse an dem Vorhaben.




Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND)
Landesverband Baden-Württemberg
Regionalverband Südlicher Oberrhein
Bezirksgruppe Schönberg



den 30.10.2010

Pressemitteilung

BUND klagt gegen Abbaugenehmigung am Urberg,

erteilt durch das Regierungspräsidium Freiburg für die Fa. Knauf, Bollschweil


Mit Datum vom 01.09.2010 hat das Regierungspräsidium Freiburg der Firma Knauf Marmorit GmbH in Bollschweil die Genehmigung erteilt, ihren Steinbruch auf einer Fläche von ca. 15,6 ha in den Bereich des bisher nicht ausgebeuteten Urbergs hinein zu erweitern.

Gemeinsam mit anderen Naturschutzverbänden und der Bürgerinitiative „Bürger für den Urberg“ kämpft der BUND seit Jahren gegen die Ausweitung des Kalkabbaues und für den Erhalt des Urbergs.

Dafür gibt es aus Sicht der Umweltschützer eine ganze Reihe von Gründen, von denen einige genannt seien:


  • - Der Urberg steht als Bestandteil des Erholungsgebietes Schönberg/Hexental unter Landschaftsschutz und ist Bestandteil des Regionalen Grünzuges laut Regionalplan, vor allem aber ist er Bestandteil des Europäischen Schutzgebietsnetzes nach der FFH-Richtlinie; dadurch steht er unter besonders strengem Schutz, für den nur unter speziellen Bedingungen Ausnahmen möglich sind.

  • - Der Urberg verbindet die beiden bedeutsamen Naturschutzgebiete „Ehrenstetter Ölberg“ und „Berghauser Matten“ und beherbergt selbst eine reichhaltige, teilweise seltene und bedrohte Tier- und Pflanzenwelt.

  • - Wenn es jetzt zu einem Beginn des Abbaues am Urberg käme, würde es bei künftigen Erweiterungsbestrebungen kaum noch Ablehnungsgründe geben. Der gesamte Urberg würde dann Schritt für Schritt dem Kalkabbau zum Opfer fallen.

  • - Bei einem Auslaufen des Kalkabbaues in Bollschweil bestünde nicht die Gefahr, dass regional ein Mangel am Rohstoff Kalk eintreten würde. Es gibt auch in unserer Region ausreichend große Vorkommen mit entsprechenden Produktionsstätten an weniger sensiblen Stellen und ohne Kollision mit geschützten FFH-Gebieten.

  • - Die Tatsache, dass in Bollschweil seit 100 Jahren Kalk abgebaut wird, liefert nicht zwangsläufig die Berechtigung, dass die Landschaft für weitere Jahrzehnte durch Abbaumaßnahmen belastet und zerstört wird.

  • - In letzter Zeit gibt es verstärkte Bemühungen der Forstverwaltung, Naturschutzziele im Wald umzusetzen. Es passt nicht zu diesen Bemühungen, wenn hier ein artenreicher, in großen Teilen alter Waldbestand beseitigt wird, ohne dass wirklicher Ausgleich möglich ist.


Trotz dieser und weiterer Argumente, die in Einsprüchen und bei öffentlichen Terminen vorgebracht wurden, hat das Regierungspräsidium jetzt im Rahmen der Abwägung die Interessen der Firma in den Vordergrund gestellt und den Abbau am Urberg genehmigt.

Die Umweltverbände sehen diese Entscheidung mit großem Bedauern und mit Unverständnis. Sie sind der Meinung, dass bei korrekter Anwendung des FFH-Rechtes diese Zerstörung von 15 ha Schutzgebiet nicht genehmigungsfähig ist.

Der BUND-Landesverband Baden-Württemberg hat daher als klageberechtigter Naturschutzverband nach reiflicher Überlegung fristgerecht Klage gegen die Genehmigung eingereicht. Obwohl das Verfahren nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz durchgeführt wurde, was für eine Klage durch die Naturschutzverbände mit zusätzlichen Schwierigkeiten verbunden ist, hat sich der BUND zur Klage entschlossen. Schließlich geht es bei dem Verfahren auch um die grundsätzliche Frage, welches Gewicht der Schutzstatus eines nach europäischem Recht geschützten FFH-Gebietes besitzt und ob dieses Recht zugunsten privater Interessen umgangen werden kann.

Dr. Frank Baum Dieter Kügele
für den BUND-Regionalverband für die BUND-Bezirksgruppe Schönberg
Südlicher Oberrhein



Presseerklärung

Erweiterung des Kalkabbaus auf den Urberg - Naturschutz unterliegt



Am 1. September 2010 hat das Regierungspräsidium Freiburg nach 10 Jahren der Auseinandersetzung die Erweiterung des Kalkabbaus auf den Urberg – Gemeinde Ehrenkirchen - genehmigt.

Wir halten diese Genehmigung für eine Fehlentscheidung.

Es ist eine Ausnahmegenehmigung, die trotz wichtiger Gegenargumente der Oberen Naturschutzbehörde erteilt wurde. Gefolgt wurde stattdessen den Argumenten der Gutachter, die von der Firma, die abbauen will, bezahlt werden. Das Regierungspräsidium hält diese für plausibel und überzeugend.

Der zukünftige Abbau befindet sich in einem Schutzgebiet von europäischer Bedeutung und vernichtet Lebensstätten streng geschützter Pflanzen und Tiere. Einige Ausgleichsmaßnahmen sollen dafür sorgen, dass das Schutzgebiet in seinem Wert erhalten bleibt. Wir sind davon überzeugt, dass diese Ausgleichsmaßnahmen ihren Zweck nicht erfüllen werden.

Die Ausnahmegenehmigung konnte nur erteilt werden, weil es angeblich zwingende Gründe des öffentlichen Interesses für den Abbau gibt. Die Rohstoffsicherung wurde als einer der Hauptgründe genannt. Andere Kalkvorkommen weit besserer Qualität sind im Umkreis von 100 km jedoch ausreichend vorhanden.

Weitere gewichtige öffentliche Interessen werden zudem durch diese genehmigung verletzt: Nachhaltigkeit und Erhalt der biologischen Vielfalt. Beiden Zielen hat sich die deutsche Politik seit über einem Jahrzehnt verpflichtet, weil nur mit ihnen Zukunft denkbar ist. Die Ausnahmegenehmigung ist für uns Ausdruck einer überholten Politik.

Bürger für den Urberg



30.07.2009

An das
Regierungspräsidium Freiburg
Abteilung 5

79083 Freiburg



Antrag der Firma Knauf-Marmorit GmbH, Bollschweil, auf Erweiterung des Steinbruches am Urberg, Az. 54.1- 8823 12/BHS-001/05.02



Sehr geehrte Damen und Herren,

wir bedanken uns für die Zusendung der Antragsunterlagen der Fa. Knauf-Marmorit auf Erweiterung des Bollschweiler Steinbruches (2. Offenlage) und geben dazu für die o. g. Naturschutzverbände und für den BUND-Landesverband Baden-Württemberg e.V. die folgende gemeinsame Stellungnahme ab.

Wir beziehen uns dabei auf unsere Stellungnahme, die wir im Rahmen der ersten Offenlage im Juni 2008 abgegeben haben. Unsere seinerzeit vorgebrachten Argumente gegen einen Abbau am Urberg halten wir aufrecht. Aufgrund geänderter bzw. erweiterter Gutachten möchten wir uns zu einigen Fragen ergänzend bzw. neu äußern.


1 Schwächen und Fehler der vorgelegten Gutachten

1.1 Vegetation und Flora

In der Umweltverträglichkeitsstudie (UVS) werden auf S. 36 unter 5.1.2.1.3 (Flora) tabellarisch die im Untersuchungsgebiet vorkommenden naturschutzfachlich relevanten Arten zusammengestellt. Bei Platanthera bifolia (Waldhyazinthe) heißt es „Im Eingriffsbereich ist sie nicht vorhanden“. Auf S. 4 unserer Stellungnahme vom Juni 2008 hatten wir mitgeteilt, dass von uns die Pflanze im Eingriffsbereich nachgewiesen wurde. Derselbe Sachverhalt gilt für eine weitere Orchideenart, Epipactis purpurata. Weiterhin hatten wir in der Fußnote darauf hingewiesen, dass Melittis melissophyllum (Immenblatt) in dieser tabellarischen Auflistung fehlt, obwohl die Art floristisch bemerkenswert ist1. Es stellt sich für uns die Frage, ob die Gutachter unsere Stellungnahme überhaupt zu Gesicht bekommen haben, und – wenn ja – warum diese Punkte nicht berücksichtigt wurden. Für Nachsuche oder Rückfragen wäre genügend Zeit gewesen. Die Frage ergibt sich, welche Bedeutung Stellungnahmen zu derartigen Vorhaben haben, wenn sie offensichtlich nicht zur Kenntnis genom-men werden.

In der FFH-Verträglichkeitsuntersuchung fallen einige Flüchtigkeitsfehler auf: „Tamarus communis“ muss heißen Tamus communis (S. 35) und in der Tabelle auf S. 38 muss es statt Neotia Neottia heißen. Es fällt auch auf, dass der Dornige Wurmfarn auf S. 35 im Text Dryopteris carthusianorum und in der Tabelle auf S. 38 zutreffend Dryopteris carthusiana genannt wird.

Gewichtiger scheint uns, dass in der selben Untersuchung auf S. 35 (2 x) und in der Tabelle S. 37 die Frühlingsplatterbse (Lathyrus vernus) als im Vorhabensraum gefunden angegeben wird. Die Frühlingsplatterbse ist eine markante, blau/rot blühende Charakterpflanze von Buchenwäldern auf Kalk (Schwäb. Alb!), die westlich des Schwarzwaldes bislang nirgends nachgewiesen wurde 2. Für die Nennung von L. vernus im Gutachten gibt es zwei mögliche Erklärungen:

    1.) Die Art kommt tatsächlich im Gebiet vor; dann wäre das allein schon ein Grund, den entsprechenden Bereich unter Artenschutzgesichtspunkten pfleglich zu behandeln und zu erhalten (und darauf hätte dann im Gutachten hingewiesen werden sollen), oder
    2.) es handelt sich um eine Fehlbestimmung (Verwechslung mit Lathyrus linifolius BÄSSLER = L. montanus BERNH.?). Die Fehlansprache bzw. mangelnde Überprüfung der Pflanze würde dann allerdings Zweifel an der Kompetenz des Gutachtens erlauben.


1.2 Zur Tierwelt

Die UVS enthält auf S. 41/42 eine tabellarische Zusammenstellung des Gesamtartenbestandes an Vögeln. Die Hohltaube ist in der Liste nicht enthalten. Nicht berücksichtigt ist dabei der Nachweis einer rufenden Hohltaube Ende April 2008 östlich des Urberg-Gipfels, der in der oben erwähnten Fußnote unserer Stellungnahme zur ersten Offenlage enthalten war. Die oben gestellte Frage, ob dem Gutachterbüro unsere Stellungnahme vorgelegen hat, muss auch hier gestellt werden.

Wichtiger ist die Behandlung und Bewertung der Spanischen Flagge (Callimorpha quadripunctaria); bei dieser Schmetterlingsart handelt es sich bekanntlich um eine prioritäre Art des Anhangs II der FFH-Richtlinie, deren Vorkommen oder Nicht-Vorkommen nach FFH-Recht von Bedeutung ist. – Im Teil „Nachtfalter“ der UVS (S. 54), gleichlautend auch im Teil „Nachtfalter“ des Landschaftspflegerischen Begleitplanes (LBP, S. 38) wird dazu ausgeführt: „Callimorpha quadripunctaria ist in ihren baden-württembergischen Kerngebieten (wozu das Untersuchungsgebiet gehört) nicht gefährdet, wird aber in der FFH-Richtlinie als prioritäre Art des Anhanges II geführt.“ Die Art wurde offensichtlich vom Gutachter nachgewiesen, erscheint aber in beiden Untersuchungen ohne Hinweis auf die Fund-Lokalitäten nur in der zusammenfassenden Liste.

In der FFH-Verträglichkeitsuntersuchung wird dann zunächst (S. 6) auf die besondere Bedeutung von Fledermausarten, Gelbbauchunke, Hirschkäfer und Spanischer Flagge (hier unüblich Euplagia quadripunctaria genannt) hingewiesen. – Auf S. 29 wird dann mitgeteilt, dass die Art an 4 Fundorten nachgewiesen wurde. Es folgt ein Verweis auf Karte 7 im Anhang, auf der die Fundpunkte exakt eingezeichnet sind. Dabei liegen 3 der 4 Fundstellen nur wenige Meter außerhalb des Eingriffsbereiches, lediglich der 4. Fund ist weiter von dessen Grenze entfernt (etwa 350 m).

Im Kapitel 5 (Ermittlung von Beeinträchtigungen und Beurteilung der Erheblichkeit) wird dann unter 5.7 (S. 61) auf Hirschkäfer und Spanische Flagge eingegangen: „Die beiden Arten sind im Vorhabensraum bislang nicht nachgewiesen und ein Vorkommen ist aktuell beim Hirschkäfer auszuschließen und bei der Spanischen Flagge unwahrscheinlich. Daher sind beim Hirschkäfer und wahrscheinlich auch bei der Spanischen Flagge keine Beeinträchtigungen zu erwarten. …“
Diese Aussage wird auch in der FFH-rechtlichen Abweichungsprüfung der Rechtsanwälte Wurster – Wirsing – Schotten übernommen (S. 5): „Ein Vorkommen ist beim Hirschkäfer auszuschließen und bei der Spanischen Flagge unwahrscheinlich“.

Bei Betrachtung der Fundpunkte der Spanischen Flagge in Karte 7 (s. o.) erscheint diese Einschätzung unhaltbar. Drei der vier Punkte sind rings um den Eingriffsbereich hart an dessen Grenze verteilt und bei der guten Mobilität der Art kann es keine Frage sein, dass die Art auch hier vorkommt. Die Raupe der Spanischen Flagge kann ein Spektrum von häufigen und am Urberg verbreiteten Pflanzen als Nahrung nutzen; die bevorzugte Futterpflanze des Falters, der Wasserdost (Eupatorium), kommt im Eingriffsbereich an vielen Stellen vor. Es gibt daher u. E. keinen vernünftigen Grund zu der Annahme, die Spanische Flagge komme im Eingriffsbereich nicht vor.

Die genannte Aussage, wonach ein Vorkommen im Eingriffsraum unwahrscheinlich sei, ist daher nicht haltbar und muss korrigiert werden.

Übrigens wurde von uns die Art bei einer gezielten Suche am 21.07.2009 ebenfalls gefunden, und zwar rund 100 m östlich der Schürfgrube 3, also knapp außerhalb des Vorhabensraumes. Der Nachweis wurde fotografisch so dokumentiert, dass die Stelle leicht identifiziert werden kann (s. Anlage 1).

Der Hirschkäfer ist ebenfalls eine Art nach Anhang II der FFH-Richtlinie. Im Rahmen des Fachbeitrages „Totholzbewohnende Käfer“ wird beschrieben, wie gezielt mittels verschiedener Methoden nach Hirschkäfern gesucht wurde (S. 1). Die Art konnte dabei an zwei Lokalitäten im Untersuchungsgebiet nachgewiesen werde (S. 3: schwärmende Käfer am S-Rand des Gebietes sowie Fragmente und Käferfund in einem lichten Eichenwald). Auf S. 6 äußert sich das Gutachten zur Frage des möglichen Hirschkäfer-Vorkommens im Eingriffsbereich: „Zwischen dem Eingriffsbereich und dem Vergleichsbestand ergaben sich im Artenspektrum allerdings auch einige Unterschiede, die im Angebot an besiedelbaren Totholzstrukturen begründet sind. So konnten eine Reihe von wärmeliebenden Eichen- und Buchenbesiedlern im Eingriffsbereich aufgrund der dort nicht vorhandenen Entwicklungssubstrate nicht festgestellt werden. Hierunter fallen bemerkenswerte Spezies wie die stark gefährdeten Arten Colobicus hirtus, Dicerca berolinensis sowie der Hirschkäfer (Lucanus cervus). Für diese Arten ist derzeit auszuschließen, dass sie sich im Eingriffsbereich entwickeln.“

Diese Aussage taucht dann gleichlautend auch in der UVS (S. 48) auf, vor allem aber auch in der FFH-rechtlichen Abweichungsprüfung der Rechtsanwälte Wurster – Wirsing – Schotten: „Hirschkäfer und Spanische Flagge sind im Vorhabensraum nicht nachgewiesen. Ein Vorkommen ist beim Hirschkäfer auszuschließen und bei der Spanischen Flagge unwahrscheinlich“ (S. 5).

Die apodiktische Aussage im Totholzkäfer-Gutachten zum „Nicht-Vorkommen des Hirschkäfers im Eingriffsbereich wegen Fehlens geeigneter Entwicklungssubstrate“ ist befremdlich und nicht nachvollziehbar: Bereits vom Urbergweg, also der unteren Begrenzung des Eingriffsbereiches aus, sind für jeden Laien große Stubben im darüber liegenden Wald sichtbar. Wenn man sich die Waldflächen zwischen den Schürfgruben3 genauer ansieht, findet man ohne Mühe zahlreiche Eichenstubben. Sie sind meist alt, bestehen aber immer noch zu großen Teilen aus hartem Holz, das sich unterirdisch sicherlich in verschiedenen Phasen des Zerfalls befindet, so dass sie den Hirschkäfer-Larven gute Entwicklungsmöglichkeiten bieten4. Es sind jedoch im Gebiet auch jüngere Eichenstubben vorhanden, z.B. südlich der Schürfgrube 3.

Nach dem Nachweis dieser Hirschkäfer-Entwicklungssubstrate muss die Aussage im Gutachten bezweifelt werden, dass derzeit die Entwicklung des Hirsch-käfers im Eingriffsbereich auszuschließen sei.

Wir haben einige der Eichenstubben im Eingriffsbereich fotografiert und die Bilder in Anlage 2 beigefügt.

Am 25.07.2009 gelang uns dann per Zufall noch der Nachweis eines lebenden Hirschkäferweibchens5 unweit des Eingriffsbereiches. Es wurde auf einem geschotterten Weg (kein typischer Lebensraum!) zwischen dem Steinbruchgelände und dem anschließenden Wald etwa 200 m nordöstlich der Schürfgrube 2 gefunden. Das Tier wurde in Anwesenheit von Zeugen (u. a. S. Dietsche, Ehrenkirchen) fotografiert (Foto in Anlage 1). Auch dieser Fund bestätigt, dass der Hirschkäfer am Urberg vorkommt.

Aufgrund der geschilderten Fakten muss die Aussage zu den beiden FFH-bedeutsamen Insektenarten in folgendem Sinn umformuliert werden:

„Ein Vorkommen im Eingriffsraum ist sowohl beim Hirschkäfer als auch bei der Spanischen Flagge mit hoher Wahrscheinlichkeit anzunehmen.“

Dieser Sachverhalt erfordert dann auch eine neue Bewertung im Hinblick auf die beiden FFH-Arten.



2. Zum Punkt „Massnahmen zur Vermeidung, Minderung, zum Ausgleich und Ersatz absehbarer Beeinträchtigungen“.

Im LBP wird auf S. 88 in einer Tabelle zur Konfliktrelevanz deutlich, dass in zahlreichen Bereichen der vorgesehene Abbau zu erheblichen Beeinträchtigungen führen würde. Das betrifft z.B. die Bereiche Pflanzen und Tiere sowie Landschaftsbild/ Erholung. Anschließend werden viele Einzelmaßnahmen aufgelistet, die für Vermeidung und Minderung bzw. Ausgleich und Ersatz absehbarer Beeinträchtigungen sorgen sollen.

Abschließend wird unter Punkt 8 „Bilanz“, 8.1 „Ergebnis“ festgestellt: „Im vorliegenden Fall können die erheblichen Eingriffe durch Vermeidungs- und Minderungsmaßnahmen verringert und verbleibende erhebliche Eingriffe durch Kompensationsmaßnahmen ausgeglichen werden. Die gesetzlichen Anforderungen sind damit erfüllt.“

Diese sehr euphemistische Darstellung ist aus Sicht der Naturschutzverbände nicht hinnehmbar. Die vorgeschlagenen Maßnahmen sind

    - teilweise „wohlmeinend“, betreffen aber fragwürdige Hilfsmaßnahmen für kleinere Artengruppen (Umpflanzen von Orchideen, Nistkästen für Fledermäuse, Ablagerung des auf den Flächen zum Rodungszeitpunkt noch vorhandenen Totholzes in nahe gelegenen Altholzbeständen) oder Maßnahmen, die sicher sinnvoll sind, aber nicht den Schaden durch die Beseitigung des Waldes und die Zerstörung der Landschaft vermindern können (Abräumen der Gehölzbestände im Winterhalbjahr, Erstellung eines Unterstandes für Wanderer etc.);

    - teilweise Selbstverständlichkeiten, die den Schaden nicht wirklich vermindern können (z.B. Zug-um-Zug-Wiederaufforstung, Zug-um-Zug-Rekultivierung, oder auch: Aufforstung der rekultivierten Eingriffsfläche); das sind eigentlich Selbstverständlichkeiten, die keinen Ausgleich für die Zerstörung des Waldes darstellen können. Auch die „Rekultivierung der Eingriffsfläche“ kann nicht als Ausgleich gewertet werden; entsprechende Maßnahmen sind über vorgeschriebene Rekultivierungspläne geregelt und übliche Praxis;

    - Selbstverständlichkeiten, die unumgänglich sind, die aber die nachteiligen Folgen des Eingriffes nicht vermindern können (Neuanlage von Wanderwegen sowie frühzeitige und weiträumige Hinweise auf Wegsperrungen oder Umleitungen, Wiederherrichtung des Wanderwegenetzes);

    - sie haben mit dem Problem der Waldzerstörung nicht unmittelbar zu tun (z.B. „Maßnahmen zur Reduzierung der Etablierungswahrscheinlichkeit von konkurrenzstarken gebietsfremden Pflanzenarten im Abbaubetrieb“);

    - sie entsprechen einem Trend, der in der Forstwirtschaft zunehmend als Praxis angesehen wird und von daher als Ausgleichsmaßnahme nicht Verwendung finden sollte, z.B. die Verlängerung der Umtriebszeit in wertvollen Altholzbeständen. Derartiges Vorgehen ist z.B. im Freiburger Stadtwald bereits gängige Praxis und wird in absehbarer Zeit für den Staatswald B-W selbstverständlich werden. Die Gemeinde Ehrenkirchen hat einen derartig großen Waldbesitz, dass sie aus freien Stücken besonders wertvolle Waldbereiche als „Altholzinseln“ schonen kann (und das auch bereits tut). Auch die mittelfristige Umwandlung standortfremder Nadel- und Laubholz-Reinbestände in standortgerechten Mischwald entspricht - speziell im Bereich von Erholungswäldern - der forstlichen Praxis. Derartige Maßnahmen können u. E. daher nicht als Ausgleichsmaßnahmen anerkannt werden.


Unsere Bilanz: Die vorgeschlagenen Maßnahmen sind keinesfalls geeignet, die Schäden durch den Abbau am Urberg zu vermeiden, zu mindern oder gar auszugleichen.

Tatsächlich handelt es sich ja – wenn auch nicht innerhalb kurzer Zeit, sondern über etwa 15 Jahre gestreckt - um die vollständige Beseitigung eines intakten, äußerst komplexen, alten Waldlebensraumes mit einem unüberschaubaren Inventar an standorttypischen Arten, zu denen auch zahlreiche seltene und bedrohte gehören. Ein solcher Eingriff ist generell kaum ausgleichbar, ganz sicher nicht durch die vorgeschlagenen Maßnahmen.

Es würde mindestens 100 Jahre dauern, bis ein Wald herangewachsen wäre, der mit der Altersstruktur und damit dem ökologischen Wert des heutigen Waldes am Urberg vergleichbar wäre. Infolge der – nach Wiedereinbau des nicht verwertbaren Restmaterials - anderen Bodenzusammensetzung und –struktur würde ein künftiger Wald am Urberg sich erheblich von der heutigen Situation unterscheiden. So erscheint es auch unwahrscheinlich, dass die heutigen FFH-geschützten Lebensraumtypen am Urberg sich künftig überhaupt wieder einstellen könnten.



3. Zum Gutachten der Rechtsanwälte Wurster – Wirsing - Schotten:
“Steinbrucherweiterung Bollschweil – FFH-rechtliche Abweichungsprüfung.
Stellungnahme zum Vorliegen zwingender Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses und zum Fehlen zumutbarer Alternativen“

Es erscheint wichtig, sich mit der Argumentation dieses Gutachtens auseinanderzusetzen, weil es keine objektiv-neutrale Expertise ist, sondern als Auftragsgutachten für die Antragstellerseite die Dinge einseitig und teilweise nicht korrekt darstellt.

3.1 Zur FFH-rechtlichen Bewertung:
Wie oben bereits dargelegt, kann die Aussage im juristischen Gutachten „Hirschkäfer und Spanische Flagge sind im Vorhabensgebiet nicht nachgewiesen. Ein Vorkommen ist beim Hirschkäfer auszuschließen und bei der Spanischen Flagge unwahrscheinlich“ keinen Bestand haben. Damit muss die Tabelle 1 (Überblick der Ergebnisse der FFH-Prüfung) sowie die FFH-rechtliche Bewertung geändert werden.

Da sich prioritäre Arten im betroffenen Gebiet befinden, könnte eine Zulassung des Vorhabens nur unter den strengen Anforderungen der § 34 Abs. 4 BNatSchG erfolgen, also wenn zwingende Gründe des öffentlichen Interesses im Zusammenhang mit der Gesundheit des Menschen, der öffentlichen Sicherheit (…) die Durchführung erfordern. Dies ist unzweifelhaft nicht der Fall. Das Vorhaben ist damit aus naturschutzrechtlichen Gründen unzulässig.

Aber selbst wenn die spanische Flagge im Vorhabensgebiet nicht vorkommen würde (wobei es nicht Sache des Gutachters oder der Genehmigungsbehörde ist, zu beurteilen, ob diese Art schutzwürdig oder gefährdet ist), wäre das Vorhaben aus naturschutzrechtlichen Gründen unzulässig, da bereits die Voraussetzungen des § 34 Abs. 3 BNatSchG für eine Ausnahme vom FFH-Schutzregime nicht vorliegen.

3.2 Zur Frage der Rohstoffsicherung und des öffentlichen Interesses

Die Versorgung der Bevölkerung und der heimischen Wirtschaft mit Kalk und den von ihm hergeleiteten Produkten ist ohne Zweifel ein wichtiges Anliegen. Das Ausgangsmaterial muss aber für die Bevölkerung in Südbaden nicht zwingend aus dem Bollschweiler Kalkwerk stammen, da es in der Region andere Kalkwerke gibt, deren Produktpalette der von Knauf-Marmorit in Bollschweil weitgehend entspricht. Zu nennen sind hier in erster Linie der Steinbruch der Fa. Maxit in Merdingen/Tuniberg (Besitzer bis 2007 Heidelberg Cement AG, seither der franz. Saint-Gobain-Konzern) sowie das Kalkwerk in Istein (Besitzer: Heidelberg-Cement-Gruppe). Die Erweiterung des Kalkwerkes in Bollschweil ist daher im Sinne der Versorgung der Bevölkerung und damit im öffentlichen Interesse keineswegs notwendig, sie liegt dagegen im privaten Interesse der Fa. Knauf-Marmorit. Auf S. 14 des juristischen Gutachtens wird darauf hingewiesen, dass die Kalkvorkommen am südlichen Oberrhein begrenzt sind. Ganz besonders begrenzt sind sie aber in Bollschweil, wo der am Urberg vorgesehene Abbau zudem im FFH-Gebiet, im LSG und im Regionalen Grünzug liegt und das Material darüber hinaus noch von schlechter Qualität ist.

Bereits auf der Ebene der Regionalplanung wurde dem Abbau in Bollschweil keine besondere Bedeutung zugemessen und das Erweiterungsgebiet nicht in den Regionalplan aufgenommen. Wenn ein zwingender Grund überwiegenden öffentlichen Interesses vorliegen soll, so sollte doch davon ausgegangen werden, dass der Regionalverband den Abbau vorsieht. Dies wäre nicht hinreichend, aber zumindest die erste Stufe einer Prüfungsabfolge.

Im Gutachten wird auch verkannt, dass ein zwingendes Interesse der Öffentlichkeit vorliegen müsste, ein wie auch immer geartetes Interesse eines privaten Investors genügt nicht. Der Antragsteller kann möglicherweise nur an dieser Stelle in Südbaden Kalk abbauen, das genügt jedoch nicht. Damit ist auch das Arbeitsplatzargument hinfällig, denn die Arbeitsplätze, die beim Antragsteller möglicherweise wegfallen, entstehen an anderer Stelle in Südbaden bei anderen Abbauvorhaben, und für die weiterverarbeitende Kalkindustrie hat die Nichtdurchführung der Erweiterung keine Auswirkungen.

Zum Argument, es bestünde ein konkretes Risiko, dass der Rohstoff Kalk knapp wird und teuer von der Schwäbischen Alb importiert werden müsse, ist zu sagen, dass in weiten Gebieten Norddeutschlands Kalkvorkommen fehlen und entsprechend lange Transportwege die Regel sind, ohne dass das zu größeren Problemen führen würde. Verglichen damit sind die Vorkommen der westlichen Schwäbischen Alb nicht so weit entfernt; vielleicht hätte man (das Landesamt für Geologie, Rohstoffe und Bergbau /LGRB im RP Freiburg?) sich stärker für eine Fortführung des Kalkabbaues in Geisingen/Baar einsetzen sollen, wo im Bereich des Regierungsbezirkes Freiburg sehr große Kalkvorräte liegen, wo aber das Zementwerk im Jahre 2003 aus Eigeninteresse des Besitzers (Holcim GmbH) geschlossen und im Anschluss weitgehend rückgebaut wurde. Wenn jetzt für das vergleichsweise winzige Vorkommen am Urberg gestritten wird, ist das fragwürdig und kann nicht als „im öffentlichen Interesse“ gewichtet werden.

Aus volkswirtschaftlichen Gründen oder aus Gründen des öffentlichen Interesses gibt es jedenfalls keinen zwingenden Grund, den Abbau in Bollschweil am Urberg fortzusetzen.

Wir sind vielmehr der Meinung, dass gerade im Bereich Vorbergzone / Schwarzwaldrand die Öffentlichkeit wie auch die für die Regionalplanung zuständigen Behörden (ganz besonders auch das Regierungspräsidium Freiburg) zunehmend der Schonung wertvoller Erholungslandschaft einen hohen Stellenwert einräumen. Darin liegt schließlich die Grundlage für die Beliebtheit der Region bei Bewohnern und bei Gästen und somit auch ökonomisches Kapital, und hier liegt das besondere öffentliche Interesse.

3.3 Zur Frage der Verwendung von Kalk zu Zwecken des Umweltschutzes

Es ist keine Frage, dass Kalk und Kalkprodukte in vielfältiger Weise auch für Zwecke des Umweltschutzes Verwendung finden. Ausgerechnet in einem hochsensiblen und wertvollen Naturraum diesen Kalk zu gewinnen, wäre jedoch ein ökologischer Salto mortale. Da klingen die auf S. 17 formulierten Sätze recht fragwürdig, wenn nicht sogar zynisch: „Durch die Erweiterung des Steinbruches Bollschweil wird auch die für den Umweltschutz verfügbare Kapazität an Kalk ausgedehnt. Das Erweiterungsvorhaben äußert insofern mittelbar auch positive Umweltwirkungen.“ Für die in großen Mengen benötigten Produkte bieten sich doch eher größere Vorkommen mit besserer Kalk-Qualität an als am Urberg.

Fazit: Wir vermögen keine Gründe des öffentlichen Interesses zu erkennen, die zwingend für eine Fortführung des Bollschweiler Kalkabbaues in den Urberg hinein sprechen würden. Vielmehr besteht starkes öffentliches Interesse an der Erhaltung der wertvollen Erholungslandschaft (ausgewiesen als LSG und Regionaler Grünzug) sowie des FFH-Gebietes. Darüber hinaus geht es auch um die Erhaltung des Naturerbes, was eine zentrale Aufgabe der Naturschutzbehörde beim Regierungspräsidium ist. Diese Werte sind nach unseren Erkenntnissen höher einzuschätzen als bisher in den Gutachten dargestellt wurde, wodurch die Hürde für eine Genehmigung auch höher anzusetzen ist.

Voraussetzung für die Zulassung des Projektes wäre außerdem, dass es keine zumutbaren Alternativen gibt. Wie dargestellt gibt es bereits in Südbaden zumutbare Alternativen für den Kalkabbau. Wobei der regionale Abbau von Rohstoffen auch kein besonderes öffentliches Interesse ist, das dem schwerwiegenden und verbotenen Eingriff in ein FFH-Gebiet entgegengesetzt werden kann. Die Versorgung der Region mit Kalk ist unter keinen vorstellbaren Umständen gefährdet. Damit bleibt der Eingriff naturschutzrechtlich verboten.



4. Was ist nach einem Ende des jetzt beantragten Abbaues?

Zu der Frage, wie die Zukunft des Kalkwerkes nach Beendigung des jetzt beantragten Abbaues am Urberg aussehen soll, sind in den gesamten Antragsunterlagen verständlicherweise keine Aussagen gemacht. Aus den Erfahrungen der Vergangenheit lässt sich aber das Vorgehen mit einiger Sicherheit prognostizieren: Mit den selben Argumenten, die heute ins Feld geführt werden, würde dann ein weiter gehender Abbau am Urberg beantragt werden. Wenn jetzt ein erster Abbau am Urberg genehmigt werden sollte, würde es dann kaum noch Argumente geben, eine Weiterführung auf angrenzenden Flächen zu verweigern.

Wir sind der Meinung, dass jetzt, mit dem Ende der Ausbeutung des qualitativ hochwertigen Hauptrogensteines, der Zeitpunkt für eine Zäsur und ein Auslaufen des Abbaues bei Bollschweil gegeben ist.



Mit freundlichen Grüßen,


Dieter Kügele Dr. Frank Baum Dr. Udo Hegar
für den BUND für den LNV für den NABU







Nachrichtlich an:

RP Freiburg, Referate 55 und 56
LRA Freiburg
LRA FR, untere Naturschutzbehörde
Regionalverband Südlicher Oberrhein
Gemeinde Ehrenkirchen
Gemeinde Bollschweil



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Axel Mayer



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Dieser Artikel wurde 8995 mal gelesen und am 2.4.2014 zuletzt geändert.