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Grundwasser & Grundwasserversalzung am Oberrhein




Grundwasser & Grundwasserversalzung am Oberrhein


50 Gramm Salz in einem Liter Grundwasser!

Zum letzten Mal sind jetzt im Juni 2006 Bergleute in die älteste elsässische Kalimine in Wittelsheim bei Mulhouse (F) eingefahren. Der seit dem Brand in der benachbarten Giftmülldeponie im Jahr 2002 geschlossene Schacht der Mine Amélie soll bis zum Oktober 2006 endgültig zugeschüttet werden. Damit endet eine hundertjährige Bergbautradition im Elsass, die verheerende Auswirkungen auf das Grundwasser am Oberrhein hatte.

Seit Beginn des letzten Jahrhunderts wurde im Oberrheingraben Kalisalz abgebaut. Als Abfallprodukt fiel Natrium-Chlorid (Steinsalz) an. Der "Kalimandscharo", der Abraumhügel in Buggingen (D), zeugt von diesem, in Baden schon lange historischen, Abbau. Das Salz dieses Abraumhügels wird seit Jahrzehnten durch den Regen ausgespült und trägt so zur Grundwasserversalzung bei.

Das Hauptproblem aber geht von den Minen im elsässischen Kalibecken (Mines de Potasse d'Alsace) bei Mulhouse (F) aus. Dort fand sich mehr Kali im Untergrund als in Südbaden und darum sind dort die Salzberge und die ökologischen Folgeprobleme auch größer. Die Abraumhalden bei den großen Minen in Wittelsheim (F)und Pulversheim (F), die jetzt gerade abgetragen, verflüssigt und in den Rhein geleitet werden, bilden grandiose, landschaftlich faszinierende Erosionslandschaften, die an tibetische Höhenzüge erinnern - allerdings bestehen die Hügel bis zu 90% aus Salz. So ergibt sich eine faszinierend - makabere Ästhetik der Umweltzerstörung. Die durch den Regen verursachten Auswaschungen der "Kalimandscharos" im Süden des Elsaß versalzen große Teile des Grundwassers der elsässischen Rheinebene bis in den Raum Sélestat. Hundert Jahre Industrie- und Bergbaugeschichte haben dazu geführt, dass ein wichtiger Teil des Grundwassers der Rheinebene zur Trinkwassergewinnung nicht mehr zu gebrauchen ist.

Auch die massive Versalzung des Grundwassers auf der badischen Rheinseite zwischen Bremgarten und Breisach ist indirekt auf die Kaliberge bei Mulhouse zurückzuführen. In einer offenen Betonrinne, einer Todesfalle für Wildtiere, wird seit Jahrzehnten hochkonzentrierte Salzlauge in den Rhein geleitet. Am maroden AKW Fessenheim vorbei fließt die Salzbrühe in den kanalisierten Rhein. Bis zu 350 Kilogramm Salz pro Sekunde wurden vor wenigen Jahrzehnten noch eingeleitet. Noch 1991 strömten so in jeder Sekunde 115 Kilogramm Salz in die Haupttrinkwasserader von Millionen Europäern - jährlich 3,6 Mio. Tonnen Natrium-Chlorid. Erst durch massiven juristischen Druck der holländischen Umweltschützer und der Wasserwerke am Rhein wurde diese eingeleitete Menge reduziert.

In der Zeit von 1957 bis 1976 gab es zu allem Übel auf der Fessenheimer Rheininsel, gegenüber von Bremgarten, undichte, offene Zwischenlagerbecken für 520 000 m³ hochkonzentrierte Salzlauge. Diese großen Salzwasserbecken sollten sich nach Ansicht der "Experten" durch den im Salzwasser enthaltenen Lehm selbst abdichten. Leider hatten sich die "Experten" geirrt: Eine Million Tonnen Salz sind durch diese unglaubliche Schlamperei der Betreiber der Kaliminen, der Experten und der Kontrollbehörden "einfach so" ins Grundwasser versickert.

Breisach: Salz im Grundwasser & Trinkwasser und das Verursacherzahltnichtsprinzip


Wenige Kilometer unterhalb der Fessenheimer Rheininsel finden sich auch in Südbaden bereits jetzt bis zu 50 Gramm Salz in einem Liter Grundwasser - Meerwasser enthält im Schnitt nur 35 Gramm! Diese Salzlauge fließt ca. 100 Meter unterhalb der Geländeoberkante langsam nach Norden. Die verdünnte Spitze der Salzfahne bereitet der Wasserversorgung in Breisach Probleme. Das versalzene Tiefenwasser darf unter keinen Umständen mit dem sauberen Oberflächenwasser vermischt werden. Einschränkungen beim Kiesabbau sind zu erwarten.

Längerfristige Prognosen für die Rheinebene nordwestlich des Kaiserstuhls sind schwer zu erstellen; Probleme für die Wasserversorgung, ähnlich wie in Breisach, sind möglich. Die wertvollsten Grundwasserreserven des Oberrheingebiets sind betroffen. Der BUND hat es auch hier im Dreyeckland immer wieder erlebt, wie Firmen jahrelang profitabel gearbeitet haben und die ökologischen Folgekosten ihres Handelns auf die Allgemeinheit abwälzten. Die Kaliminen im Elsaß sollten eigentlich noch bis zum Jahr 2006 arbeiten, weil dann die Vorkommen in der letzten Grube Amélie erschöpft sind. Durch den monatelangen Brand des „nicht brennbaren“ Giftmülls in der benachbarten Giftmülldeponie Stocamine im Jahr 2002 wurde die Grube Amélie aber so verseucht, dass an Bergbau nicht mehr zu denken war. Jetzt, im Sommer 2006, wird Amélie endgültig geschlossen. Das salzige Grundwasser der Rheinebene bleibt als Dauerproblem.

Solange die Staatsfirma noch Geld hat, sollte das Verursacherprinzip strikt angewandt werden, wie bei kleinen Umweltsündern auch. Nicht die Wasserverbraucher, sondern die Betreiber der Kaliminen sollen die Zeche zahlen Es ist Aufgabe des BUND, dafür zu sorgen, dass Umweltschutz nicht nur auf dem Rücken der Kleinen praktiziert wird.

Aus diesen Gründen hat BUND-Geschäftsführer Axel Mayer bereits 1997 die Verursacher des Umweltskandals (Mines de Potasse d'Alsace und die Kali Salz AG) auf beiden Rheinseiten angezeigt. Die französische Staatsanwaltschaft hat das Verfahren mit folgender fadenscheinigen Begründung eingestellt: "Der BUND ist selbst nicht betroffen und er ist auch kein französischer Umweltverband." Das Verfahren in Sachen Buggingen und Kali Salz AG ruht zur Zeit. Die BUND-Anzeige hat immerhin die größte Polizeiaktion in der Geschichte des Freiburger Wirtschaftskontrolldienstes ausgelöst. Bei der beschuldigten Firma Kali und Salz AG in Norddeutschland wurden Unterlagen beschlagnahmt.

Die Kali und Salz AG war stets bemüht, die Sanierungskosten auf die Allgemeinheit abzuwälzen. In Sachen Folgekosten der Grundwasserversalzung im badischen Buggingen hat das Bundesverwaltungsgericht im Frühjahr 2006 ein positives Zeichen gesetzt. Nicht die SteuerzahlerInnen sollen die Sanierungskosten tragen, sondern die Kali und Salz AG. Dieses wichtige Urteil könnte auch ein Exempel für die großen Grundwasserverunreinigungen der Kali und Salz AG in Norddeutschland sein. Weniger erfreulich ist die konsequente Nichtanwendung des Verursacherprinzips gegenüber den „Mines de Potasse d`Alsace“. Die Gutachten zur Versalzung werden fast ausschließlich mit öffentlichen Mitteln finanziert. Knapp zwei Millionen Euro hat eine erste Untersuchung mit Probebohrungen gekostet, 975 000 Euro davon stammten aus EU-Fördertöpfen. Daneben gab es eine "Erkundung des tiefen rheinnahen Grundwasserleiters in Fessenheim und Breisach". Dafür wurden knapp eine halbe Million Euro an öffentlichen Geldern ausgegeben. Im Sommer 2006 wurde eine weitere Studie bewilligt. 260 000 Euro INTERREG-Gelder werden für die Untersuchung der Versalzung zwischen Fessenheim und Burkheim bewilligt. Ein inhaltlich absolut sinnvolles Projekt, aber wo bleibt bei den Kosten die Anwendung des Verursacherprinzips?

Auch bei der Sicherung der Trinkwasserversorgung von Breisach wurden die durch die Chloridbelastung des Grundwassers nötigen zusätzlichen Investitionen nicht dem Verursacher aufgebürdet, sondern blieben an den GebührenzahlerInnen der Stadt hängen.

Wer im Wald Öl ablässt und erwischt wird, wird bestraft. Er muss die Untersuchungen des Bodens, die Bodensanierung und alle Folgekosten zahlen. Wenn der Verursacher einer Umweltbelastung zweifelsfrei feststeht, dann sollte dieser bestraft werden und die Sanierungs- und Untersuchungskosten tragen. Doch dieses Prinzip wird allzu häufig nur bei kleinen Umweltsündern angewandt.

100 Jahre wurde am Oberrhein Kali abgebaut. Die ökologischen Folgekosten sind gewaltig. Die Grundwasserversalzung ist die größte Umweltverschmutzung am Oberrhein. Jetzt sollte zumindest das Verursacherprinzip konsequent angewandt werden, denn die Folgen des Bergbaus im Grundwasser werden die nächsten Generationen am Oberrhein noch viel Geld kosten.

Axel Mayer


Kalihalde Buggingen (Kali und Salz AG) als "kleiner" und elsässische Kaliminen (MDPA) als "großer" Grundwasserverschmutzer













"Die Wahrheit", Warnungen & Hinweise:
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  • 3) Im Zweifel ist die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte immer noch eine gute Quelle zur Orientierung.











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Dieser Artikel wurde 14742 mal gelesen und am 12.1.2022 zuletzt geändert.